von Judith Schuck, 25.11.2021
Türen auf für den Musiknachwuchs
Acht Bands stehen am Samstag in der St. Galler Grabenhalle im Finale für das diesjährige BandXOst. Zwei Thurgauer Bands spielten sich in die Endrunde. Die Hauptpreise sind attraktiv, doch allein die Qualifikation bedeutet für The Pigeons und Mainstreet Factory viel. (Lesedauer: ca. 4 Minuten)
Die kopfnickenden Tauben, die aussehen, als würden sie den Beat spüren, waren die Inspiration für den Namen der Lustdorfer Band The Pigeons. Sie läuft beim Nachwuchsförder-Contest BandXOst unter der Kategorie Pop. Die vier Mitglieder selbst sehen sich als Individualisten, die Genres von Klassik über Rock, Pop und Jazz in ihrer Musik vereinen. «In unserer Musik stecken viele Gefühle», sagt Pianist Benjamin Bissegger. «Wir machen sehr dynamischen Sound, der von Pianissimo bis zu Fortissimo variiert.»
In ihrem Hit «Burn», führt Sängerin Amina Manser diese Facetten stimmlich vor. Die melodischen Bassläufe spielt Tim Nadler, während Drummer Nico Bischof zumindest bei den Proben gerne eine führende Rolle einnimmt, auch wenn es keinen eigentlichen Leader gibt. Kennengelernt haben sie sich teils schon in Grund- und Sekundarschule. «Zusammengefunden haben wir uns aber erst in der Mittelschule in Frauenfeld», so Benjamin Bissegger.
Jeder trägt seinen Teil zum Song bei
Die 19- bis 21-Jährigen wollen mit ihrer Musik in erster Linie Gefühle vermitteln. Das gemeinsame Musizieren macht für The Pigeons den Reiz aus. Und die Menschen vor der Bühne zu begeistern.
Amina, Benjamin, Nico und Tim treffen sich minimal einmal pro Woche in ihrem Proberaum in Frauenfeld. «Zuerst besprechen wir, worauf wir uns fokussieren wollen, nachher werden die angesprochenen Dingen angespielt, wiederholt, verinnerlicht und zum Ende der Probe wird immer noch ein wenig gequatscht», fasst Benjamin den Ablauf einer Übungssession zusammen.
«In unserer Musik stecken viele Gefühle.»
Benjamin Bissegger, Pianist bei The Pigeons
Die Lieder entstünden meist aus einer Idee für eine Akkord-Abfolge, aber auch aus Jam-Sessions. Dass die Songs nicht von einer Person fixfertig ausgearbeitet geliefert werden, sondern aus dem Zusammenspiel entstehen, hört man ihnen an. Jeder trägt auf seinem Instrument seinen Teil zum «Gemeinschaftsgefühl» Song etwas bei.
Finaleintritt mit dem sechsten Anlauf
Bei Mainstreet Factory kommen drei von vier Bandmitgliedern aus dem Thurgau, Schlagzeuger Maurice Manser aus dem St. Gallischen Steinach. Sie lernten sich auf der Berufsschule kennen.
Ihr Qualifikationskonzert gaben sie auf ihrer Heimatbühne, dem Presswerk in Arbon. Dass sie nun in der Endrunde sind, bedeutet den Indie-Rockern viel: «Wir haben mit dieser Band schon dreimal bei BandXOst teilgenommen und davor mit unserer ersten Band 45 Bullet ebenfalls dreimal», erzählt Maurice Manser. «Beim sechsten Mal hat‘s endlich fürs Finale gereicht. Never give up!»
«Das Adrenalin beim Liveauftritt ist das geilste Gefühl überhaupt!»
Maurice Manser, Schlagzeuger Mainstreet Factory
Ihre Vorbilder sind Glam-Rocker und Funk-Bands wie Bon Jovi, Red Hot Chilli Peppers, aber auch Singersongwriter wie Eric Clapton. Die Gitarrenmusik mit Gesang bilden im Grunde sogar die Anfänge von Mainstreet Factory. Sänger Jan Allenspach schrieb die Songs ab 2018 ausschliesslich selbst. Dann stiessen Drummer Maurice Manser und Bassist Jonas Stösser dazu. Sie spielten schon gemeinsam in der Band 45 Bullet. Es entstanden erste Indie-Rock-Songs. Mit Felix Baumann an der Leadgitarre, ist die Band nun seit 2020 unterwegs.
Zweimal pro Woche im Proberaum
Beim Hören von «Before I Leave» kommt durchaus das Gefühl, den Song schon mal im Radio gehört zu haben – definitiv ohrwurmtauglich. Diesen und drei weitere Songs können über den Streaming-Dienst Spotify angehört werden.
Immer sonntags und dienstags treffen sie sich zur Probe. «Dabei besprechen die Bandmitglieder zunächst aktuelle Themen und kommen dann auf die administrativen Bandsachen. Dann proben wir etwa zwei Stunden», erklärt Maurice Manser.
Bühnenerfahrung bringen die Bands längst mit
Ähnlich wie bei The Pigeons läuft bei Mainstreet Factory alles sehr durchdacht und strukturiert ab. «Sänger Jan brachte bisher immer Melodien, Strukturen oder sogar Songs in die Band. Danach arbeiten wir sie zusammen aus und fertig ist ein frisch gebackener Mainstreet-Factory-Song!»
Bühnenerfahrung bringen die jungen Männer zwischen 23 und 24 Jahren schon mit: Mit 45 Bullet traten sie rund 35 mal auf – in den Kantonen St. Gallen, Thurgau, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden, im Aargau und Zürich.
Im Shutdown 2020 spielten sie bei der Reihe «Streamcircle» in der Bodenseearena in Kreuzlingen vor 100 Leuten ein Live-Stream-Konzert. «Der Abend war sehr speziell, da wir unser Publikum nicht sehen konnten. Aber natürlich eine super Chance trotz Shutdown auftreten zu können», sagt Maurice, der sich auch um den Web-Auftritt und PR der Band kümmert. «Es hat Riesenspass gemacht und es war für uns das erste Konzert vor laufender Kamera!»
Musik hilft, die Welt zu verstehen
Die kopfnickenden Tauben als Bandname bei The Pigeons leuchten ein, aber wofür steht Mainstreet Factory? «Unsere Musik widerspiegelt unsere Gefühle gegenüber der heutigen schnelllebigen und oberflächlichen Welt und wie wir damit umzugehen versuchen. Auch, dass nicht immer alles rund laufen muss, wie wir trotzdem weiter kommen und wie man gemeinsam viel erreichen kann», erklärt Maurice Manser.
Für die Indie-Rocker gibt der letzte Moment vor dem Auftritt den grössten Kick: «Das Adrenalin ist das geilste Gefühl überhaupt!», schwärmt Maurice.
Vor dem Finale kommt der Feinschliff am Song
The Pigeons hingegen finden die Spannung während des Auftritt und vor allem die kurze Stille nach einem erfolgreichen Konzert am aufregendsten. «Das ist für jede:n Bühnenkünstler:in etwas ganz besonderes», findet Benjamin Bissegger. Bereits jetzt profitierten die beiden Bands von der Teilnahme am Contest.
«Wir konnten sicher viel zum Thema ‹Performance› dazulernen», so The Pigeons. «Ausserdem bekam jede Band nach der Quali ein Feedback von der Jury, wo wir ebenfalls Dinge mitnehmen konnten.» Für das grosse Finale wollen sie ihren Songs noch den nötigen Feinschliff geben.
Traum vom grossen Publikum
Für Mainstreet Factory gibt es nichts besseres als «für den Ernstfall mit dem Ernstfall» zu proben. Sie traten am 18. November noch mal in Amriswil in der VIVA-Bar auf.
Beide Bands träumen davon, mal auf einem grösseren Openair zu spielen. Wenn eine der beiden Bands sich den ersten Platz sichert, dürfte dieser Traum zumindest teilweise in Erfüllung gehen, denn den Gewinner:innen winken einige Auftritte auf mittelgrossen Openairs wie dem Weiheren Openair in St. Gallen oder dem Openair Safiental.
Das Finale wird auch per Livestream übertragen
Neben den Auftritten kommen noch weitere Konzertvermittlungen, Studiozeit und Coaching sowie der Digitalvertrieb und Medienauftritte im Gesamtwert von 9000 Franken hinzu. Nicht übel sieht es auch für die Zweit- und Drittplatzierten aus, die einen ordentlichen Zustupf fürs Equipment und ebenfalls Hilfe bei Aufnahmen und Vertrieb erhalten.
Letztlich ist aber der Abend in der Grabenhalle schon ein Gewinn für die Nachwuchsmusiker:innen, wo sich auch Booker und Veranstalter unters Publikum mischen. Am wichtigsten ist den beiden Bands ohnehin, eine gute Zeit mit dem Publikum zu verbringen.
Wer sich keine Karte sichern konnte, hat die Möglichkeit, das BandXOst-Finale im Live-Stream mitzuerleben:
Der Wettbewerb BandXOst
2006 startet das BandXOst als reiner St. Galler Contest. Wegen der hohen Nachfrage kamen schliesslich die Kantone Thurgau, Graubünden und Schaffhausen dazu. Die Resonanz auf diesen Nachwuchsförder-Wettbewerb wächst. Der Einzug ins Finale oder der Sieg des Contests öffnet viele Türen. Nur schon die Teilnahme an einer Qualifikation bietet den Musiker:innen ein professionelles Live-Video, professionelle Fotoaufnahmen, Medienauftritte in der Lokalpresse, den Austausch mit anderen Musiker:innen und ein Juryfeedback.
Von Judith Schuck
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