von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 20.01.2017
Out in the Green Garden fällt aus
Das beliebte Festival "Out in the Green Garden" wird 2017 nicht stattfinden. Das haben die Veranstalter jetzt bekannt gegeben. Sie sehen die Verantwortung dafür bei der Politik. Auch ob es die Veranstaltung jemals wieder geben wird, ist derzeit noch offen. Die Stadt hält an ihrer Entscheidung fest, will aber auch auf die Veranstalter zugehen
Als wäre dieser Tag mit der Vereidigung von Donald Trump zum US-Präsidenten nicht schon schwer erträglich genug, kam am frühen Freitagmorgen nun auch noch das hier dazu: "Out in the Green Garden findet 2017 nicht statt" steht in fett gedruckten Buchstaben über einer zweiseitigen Medienmitteilung (sie steht am Ende dieses Artikels zum Herunterladen bereit), die es in sich hat.
Darin erklären die Veranstalter des beliebten Freiluftfestivals die Gründe für ihre Absage. Demnach machen die neu vom Stadtrat beschlossenen Auflagen für Veranstaltungen im Murg-Auen-Park das Festival unmöglich. Im Wortlaut heisst es: "Die Begrenzung der Aufbauzeit auf drei Tage macht (unabhängig von der Grösse) den Aufbau des Festivals durch ausschliesslich ehrenamtlichen Helfern nicht mehr möglich. Eine Delegation dieser Aufgaben an professionelle Unternehmen würde hingegen das Budget des Festivals sprengen. Eine Auferlegung strikter Nachtruhezeiten bedeutet für die Organisatoren, Bar und Musik spätestens um 23 Uhr zu schliessen, damit der Park um 24 Uhr geräumt ist. Damit gehen dem Festival die umsatzstärksten Stunden verloren, mit denen in den vergangenen Jahren notwendige Ausgaben gedeckt werden konnten. Die Personenbegrenzung steht auch im Konflikt mit dem städtischen Wunsch, das Gelände jederzeit für Spaziergänger offen zu halten."
In diesem Jahr gehen hier keine Lichter an: Das Out in the Green Garden fällt 2017 aus. Was danach passiert, ist noch offen. Bild: David Hauser
Einzig mögliche Schlussfolgerung für die Veranstalter daraus: "Da sich das Out in the Green Garden dagegen weigert, die allfälligen finanziellen Ausfälle durch Bezahlpflicht oder Preiserhöhungen – das Festival soll allen, von reich bis arm und von jung bis alt, offen stehen – auszugleichen, muss das Organisationskomitee dieses Jahr auf die Durchführung des Festivals verzichten." Das Festival wird ehrenamtlich organisiert. Es wurde in den Anfangsjahren vom Verein KAFF (Kulturarbeit für Frauenfeld) organisiert. Seit 2016 Jahr wird das Openair vom eigens dafür gegründeten Verein „Out in the Green Garden" durchgeführt. Rund 60 freiwillige Helfer waren im vergangenen Jahr beteiligt.
In ihrer Mitteilung erheben die Veranstalter auch schwere Vorwürfe gegen die Politik. Lange sei man in einem guten Dialog mit der Stadt gewesen, doch nach den Protesten der Anwohner sei das gekippt. Weitere Gesprächswünsche seien von der Verwaltung nicht mehr beantwortet worden, stattdessen sei man mit der Entscheidung zu den neuen Leitplanken für Sonderveranstaltungen vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Insgesamt bedauere das Organisationskomittee die Vorgehenseweise der Stadt und müsse deshalb darauf schliessen, "dass der Stadtrat den erwähnten Beschluss im Wissen, damit ein Festival zu verunmöglichen, gefällt hat."
Veranstalter sehen politische Kultur in Gefahr
Die Veranstalter sehen in der Entscheidung auch eine Gefahr für die politische Kultur in der Stadt: "Dass ein halbes Dutzend Beschwerdeführer – bei lokalen/regionalen Medien trafen zahlenmässig mehr positive Leserbriefe zum Festival ein, auch von Anwohner/innen – die städtische Exekutive zu diesem Entscheid nötigen konnten, offenbart Gefahren für das Frauenfelder Kulturleben: Wenn es so einfach ist, kulturellen Veranstaltungen die benötigten Rahmenbedingungen zu entziehen, dann droht der Thurgauer Kantonshauptstadt eine Zukunft, die von angeblichen Kompromissentscheidungen geprägt ist, die niemanden glücklich machen und zu einer Senkung der Standortqualität führen."
Aber was bedeutet das alles für die weitere Zukunft des Festivals nach 2017? "Wir wollen gemeinsam mit Akteuren aus der Politik und der Kultur Planungssicherheit für kulturelle Veranstaltungen schaffen", sagt David Nägeli aus dem Organisationskomittee (OK) auf Anfrage. Schliesslich gehe es ja nicht nur um das Out in the Green Garden. Sondern auch um alle anderen Freiluftveranstaltungen in der Stadt. Was sich genau hinter diesen Plänen verbirgt, will Nägeli noch nicht so konkret sagen. "Allgemein gesprochen soll es Aktionen geben, die den Stadtrat daran erinnern sollen, dass die Kulturschaffende und Veranstalter viel Rückhalt in der Bevölkerung geniessen und sich nicht zurückweisen lassen", erklärt David Nägeli.
"Wir haben eine Verantwortung für die junge Generation der Stadt"
Die Entscheidung für die Absage habe man sich auch nicht leicht gemacht, sagt das OK-Mitglied. Aber letztlich habe es keine Alternative gegeben. Auch ein anderer Standort sei nicht in Frage gekommen. Denn: Das Festival soll in Frauenfeld bleiben. "Es wurde damals gegründet mit dem Ziel, die Stadt Frauenfeld durch ein Festival mit internationalen und lokalen Künstlern zu beleben. Daran wollen wir festhalten. Wir sehen uns da auch in der Verantwortung gegenüber den jungen Menschen in Frauenfeld. Wir hatten vor Jahren das Glück, dass es Menschen in Frauenfeld gab, die sich darum bemühten auch junge Kultur in unsere Stadt zu bringen. Für uns war das ein Grund hier zu bleiben und nicht wegzuziehen. Diese Arbeit wollen wir nun einfach fortführen", erläutert David Nägeli.
Am Nachmittag reagiert dann auch der Stadtrat - mit Bedauern
Spätestens bis August 2017 wollen sie Klarheit haben, ob es eine Neuauflage des Festivals 2018 geben kann. Bis dahin wollen die Veranstalter mit verschiedenen Aktionen auf ihre Argumente und Positionen hinweisen. Knapp acht Stunden nach der Medienmitteilung hat am Freitagnachmittag um 15.41 Uhr der Stadtrat mit einer Stellungnahme zur Entscheidung der Festivalveranstalter reagiert (sie ist im Wortlaut am Ende dieses Artikels herunterladbar). Darin wird zwar die Entscheidung der Organisatoren bedauert, an der Beurteilung der Lage hat sich für die Politik demnach aber nichts geändert.
"Aus der Sicht des Stadtrates steht einer weiteren Durchführung in der Grössenordnung wie in den Jahren bis und mit 2015 nichts im Wege. Bezugnehmend auf den Murg-Auen-Park hält er fest, dass dieser für grosse Veranstaltung mit mehr als 1000 Personen nicht geeignet ist: auf Grund seiner Nähe zu einem Wohnquartier, auf Grund der Ausgestaltung als naturnaher Park mit zahlreichen geschützten Tierarten sowie auf Grund der Kleinräumigkeit", heisst es in der Erklärung. Es sei zudem verfehlt, aus diesem Votum "einen Grundsatzentscheid betreffend der Kulturpolitik der Stadt abzuleiten", man verwehre sich gegen die entsprechende Unterstellung.
Der Stadtrat verbleibt mit der Hoffnung, dass die Organisatoren Lösungen finden, "sei es durch eine Redimensionierung des Festivals, sei es durch einen neuen Standort". Die Politik wolle den Organisatoren die Hand bieten, "sie bei der Suche nach anderen Standorten für das „Out in the Green Garden" sowie allenfalls mit weiteren Hilfestellungen zu unterstützen".
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