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Das 127-Millionen-Paket

Das 127-Millionen-Paket
Schönes Geschenk: Der Thurgau darf 127 Millionen Franken in 20 nachhaltige Projekte investieren. Zumindest dann, wenn die Bevölkerung zustimmt am 18. Juni. | © Canva

Am 18. Juni entscheiden die Stimmbürger:innen über die Umsetzung von 20 Zukunftsprojekten im Thurgau. Finanziert werden sollen sie über Erlöse aus dem Verkauf von Anteilen an der Thurgauer Kantonalbank. (Lesedauer: ca. 4 Minuten)

Es ist das wohl grösste Investitionsprogramm, das es im Thurgau je gab: 127,2 Millionen Franken sollen in 20 sehr verschiedene Projekte aus den Bereichen Bildung, Umwelt, Denkmalpflege, Kultur, Mobilität, Tourismus und Sport fliessen. Die Entscheidung darüber liegt beim Volk.

Am Sonntag, 18. Juni, stehen alle Projekte gesammelt zur Abstimmung (eine Übersicht zu allen Projekten gibt es hier). Das Geld stammt aus dem Börsengang der Thurgauer Kantonalbank im Jahr 2014. Damals gab es mehr Nachfrage als Angebot nach den Partizipationsscheinen. Diese Überzeichnung führte zu höheren Einnahmen.

2014 waren dies eben jene 127,2 Millionen Franken, eine zweite Tranche wurde 2015 ausgegeben, die weitere zusätzliche Einnahmen generierte von 78 Millionen Franken. Während letzteres in die Schwankungsreserve Nationaler Finanzausgleich umgewidmet wurde, beschloss der Kantonsrat für die 127 Millionen zunächst eine fünfjährige Ausgabensperre. Diese wurde 2019 nochmal um zwei Jahre verlängert. Nach einem parlamentarischen Vorstoss der Kantonsräte Urs Martin, Daniel Eugster und Reto Lagler aus dem September 2018  hatte da aber bereits die Diskussion darüber begonnen, was man mit dem Geld anstellen könnte.

Transparenz galt als oberstes Gebot

Schon damals forderten die drei Vorstösser: „Die Mittel sind derart zu investieren, dass sie dem Kanton einen langfristigen Mehrwert bringen. Sie sollen explizit nicht dazu verwendet werden, um ordentliche Ausgaben über den regulären Haushalt zu finanzieren.“ Und genauso soll es jetzt kommen. Interessanter Nebenaspekt dabei: Urs Martin, einer der Vorstösser von 2018, ist seit 2020 Finanzdirektor des Kantons und hatte nun die Aufgabe seine eigene Initiative umzusetzen.

Dass das nicht einfach werden würde, war ihm klar: „Egal, wie das Geld verteilt werden würde, wenn es mehr Wünsche als finanzielle Ressourcen gibt, wird es Enttäuschte geben. Deshalb war mir wichtig, dass der Auswahlprozess sauber, transparent und nachvollziehbar sein muss“, sagt Martin im Gespräch mit thurgaukultur.ch.

 

Der Thurgauer Finanzdirektor Urs Martin. Bild: Kirsten Oertle / Foto Prisma Oertle / fotoprisma.ch

95 Vorschläge entstanden im vorgeschalteten Ideenwettbewerb

Die jetzt vorliegenden 20 Projekte sind in einem aufwändigen und mehrjährigen Prozess ausgewählt worden. Alles begann vor drei Jahren mit einem Ideenwettbewerb, in den sich die Bevölkerung einbringen konnte. Geregelt war schon damals, dass Projekte mit den TKB-Erlösen finanziert werden sollen, die der Allgemeinheit zugekommen, nachhaltig sind, eine hohe Bedeutung für den Kanton oder die Region darstellen sowie eine positive Ausstrahlung haben.

Insgesamt 95 Ideen wurden in dem Ideenwettbewerb eingereicht, die Gesamtfördersumme aller Projekte lag bei 720 Millionen Franken. Fast sechsmal so viel, wie jene 127 Millionen, die tatsächlich zur Verfügung standen. Die Folge: Es musste ausgewählt werden. Nach offen gelegten Kriterien und Bewertungsstandards haben Kantonsrat und Regierung in mehreren Schritten ihre Entscheidung getroffen.

Das Geld sollte nicht Löcher im Haushalt stopfen

Dazu zählten: Nutzen für die Allgemeinheit, Nachhaltigkeit, überkantonale Ausstrahlung. Zudem sollten nur Projekte zum Zuge kommen, die nicht ohnehin über den Staatshaushalt finanziert werden müssen. Das Ziel dabei: Die 127 Millionen sollten nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern genutzt werden.

Zunächst beriet eine verwaltungsinterne Projektgruppe, später setzte der Kantonsrat eine Spezialkommission ein, die die Vorschläge der Regierung analysierte und prüfte. „Entstanden ist so ein ausgewogener Projektkorb mit sieben Grossprojekten (Fördersumme grösser als 2 Millionen Franken) und 13 Kleinprojekten (Fördersumme kleiner als 2 Millionen Franken), der alle Regionen des Kantons berücksichtigt“, hiess es in der Botschaft an den Grossen Rat im Oktober 2022. Im Januar 2023 schliesslich hat der Kantonsrat den gesamten Projektkorb mit deutlicher Mehrheit (113:7 Stimmen) verabschiedet.

Sehr verschiedene Projekte stehen gemeinsam zur Abstimmung

Ausgewählt wurden dabei so verschiedene Projekte wie die Schaffung eines Berufsbildungscampus Ostschweiz, die Sanierung des Kloster Fischingen, ein Geothermieprojekt, ein Thurgauer Kultur- und Erlebniszentrum, eine Elektrofähre zwischen Arbon und Langenargen oder ein Vermittlungssteg beim Seemuseum Kreuzlingen (eine Liste mit allen Projekten gibt es hier).

Zur Abstimmung am 18. Juni stehen alle Projekte gemeinsam. Das heisst, die Stimmbürger:innen können nicht einzelne Ideen unterstützen, sondern nur gesamthaft über die vorausgewählten Vorhaben abstimmen. Alle Projekte mit Kulturbezug werden wir bei thurgaukultur.ch in den nächsten Wochen vorstellen (siehe Infokasten am Ende des Textes).

Welche Projekte am Ende tatsächlich umgesetzt werden, ist derzeit kaum vorhersehbar. Vor allem, weil die einzelnen Ideen unterschiedlich weit in ihrem Realisierungsgrad sind. Der Kanton will dem mit einer engen Begleitung der Projekte Rechnung tragen. Das Geld soll demnach nicht einfach bei einem „Ja“ der Bevölkerung am 18. Juni fliessen, sondern erst dann, wenn absehbar ist, dass das Projekt tatsächlich umgesetzt werden kann.

 

Eines der grössten Projekte: Der Markt Thurgau in Frauenfeld soll 20 Millionen für die Umnutzung des Stadtkasernen-Areals erhalten. So wie auf der Skizze stellen es sich die Initiator:innen in etwa vor. Bild: zVg

Wie der Kanton die Umsetzung organisieren will

Dafür will der Kanton einen Steuerungsausschuss und einen Trägerverein initiieren. In beiden Gremien werden die Mitglieder des Regierungsrats eine grosse Rolle spielen. Der noch zu gründende Trägerverein soll eine Geschäftsstelle unterhalten, die die Projektideen operativ begleitet: „Die Geschäftsstelle nimmt die fachliche Verantwortung wahr, ist die allgemeine Anlaufstelle für die projekteinreichenden Organisationen“, schreibt der Regierungsrat. Expert:innen können die Geschäftsstelle bei Bedarf beraten.

Die Kosten für die Geschäftsstelle und die Verwaltung des Projektes werden nicht von den 127 Millionen abgezweigt. Die Thurgauer Kantonalbank bezuschusst die Geschäftsstelle über fünf Jahre mit 1,2 Millionen Franken, hält sich aber ansonsten raus bei dem Projekt. Das restliche benötigte Geld für die Betreuung des Projektes soll aus dem Staatshaushalt kommen.

Sollten die Stimmbürger:innen am 18. Juni mehrheitlich das 127-Millionen-Paket gut heissen, dann wäre die Gründung des Trägervereins samt Geschäftsstelle der erste Schritt der Umsetzungsphase. Bis es in den einzelnen Vorhaben dann wirklich losgehen dann, wird es noch einige Monate nach der Abstimmung dauern.

Bei einer Ablehnung des Volkes fliesst das Geld an den Staat

„Der Thurgau kann hier ein Zeichen setzen, wenn die Projekte umgesetzt werden“, findet Finanzchef Urs Martin. Er hofft auf ein „Ja“ der Bevölkerung, weil das viele Chancen eröffne. Sollte es anders kommen, dann gibt es auch dafür bereits einen Plan. Entscheiden sich die Stimmbürger:innen am 18. Juni gegen die Annahme des 127-Millionen-Pakets, fliessen die Gelder in den regulären Staatshaushalt.

 

Die Serie zum „127-Millionen-Paket“

In den nächsten Wochen bis zur Abstimmung am 18. Juni werden wir bei thurgaukultur.ch die Projekte mit Kulturbezug in einer redaktionellen Serie detaillierter vorstellen. Alle Beiträge bündeln wir im dazugehörigen Themendossier. Dazu zählen:

 

Thurgauer Kultur- und Erlebniszentrum Weinfelden (10 Millionen Franken aus dem TKB-Topf angefordert)

Ziel ist es ein Kultur- und Erlebniszentrum für den Thurgau zu schaffen. Mit einem Markt für Nahrungs-, Genuss- und Heilmittel aus dem Thurgau sowie einer Eventhalle für
kulturelle, wirtschaftliche und sportliche Anlässe für die Thurgauer Bevölkerung.

 

Markt Thurgau Frauenfeld (20 Millionen Franken)

Hier geht es um die Umnutzung des Kasernenareals in Frauenfeld. Dort soll der so genannte Markt Thurgau eingerichtet werden. Mit den Geldern aus dem TKB-Topf sollen nicht nur die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude als bauliche Monumente erhalten, sondern vor allem auch der öffentliche Zugang sichergestellt und der Ort für den ganzen Kanton belebt werden. Es sollen Betriebe angesiedelt und die frei werdenden Räume, Flächen und Plätze möglichst kostengünstig an Startups, Vereine, Marktbetreibende, Kleingewerbe und Veranstaltende sowie kreative Gastronomen abgegeben werden.

 

Kloster Fischingen Sanierung (20 Millionen Franken)

Die baudenkmalerische Substanz soll erhalten und belebt werden. Das Kloster soll ein Begegnungsort mit einem attraktiven Besucherzentrum und einer neuen Gartenanlage werden, die weit über den Kanton hinausstrahlen.

 

Stiftung Drachenburg und Waagturm Gottlieben (2 Millionen Franken)

Die Projektidee umfasst den Kauf, die Renovation, den Umbau und die Modernisierung der historischen Gebäude Drachenburg, Waaghaus und Rheineck in Gottlieben, um diese und deren Umgebung wirtschaftlich zu beleben und als touristischen und gastronomischen Ort zu erhalten.

 

Schloss Luxburg (1 Million Franken)

Ziel hier ist die Sanierung des denkmalgeschützten Schlosses Luxburg in Egnach, um einen öffentlichen Ort für Aufenthalt und Begegnung im Sinne der regionalen Nachhaltigkeit zu schaffen

 

Vermittlungssteg Seemuseum Kreuzlingen (630.000 Franken)

Das Seemuseum Kreuzlingen möchte einen Vermittlungssteg bauen, um die Identifikation mit dem Lebensraum Bodensee zu stärken, das Verständnis für die Umwelt rund um den Bodensee zu fördern und um als generationsübergreifender Freizeit- und Lernort zu dienen.

 

Wasserschloss Hagenwil Sanierung (1,44 Millionen Franken)

Mit den Geldern soll die Sanierung des Wasserschlosses Hagenwil unterstütz werden, um den Erhalt dieses Kulturdenkmales auf Jahrzehnte hinaus zu sichern.

 

Schaufelraddampfer (3,13 Millionen Franken)

Bau eines eleganten, ökologischen und klimaneutralen, mit Pellets befeuerten Schaufelraddampfers für Untersee und Rhein. Damit will der Verein «Pro Dampfer» die Freizeit- und Ferienaktivität in dieser Region bereichern.

 

Pier 8590 Romanshorn (2 Millionen Franken)

Diese Idee beinhaltet die Erstellung eines Piers mit einer Plattform oder einem offenen Pavillon über dem Flachwasserbereich als Abschluss des Hafenboulevards, um den Oberthurgau und den öffentlichen Raum am Hafenbecken aufzuwerten.

 

Zur gesamten Botschaft des Regierungsrats für die Abstimmung am 18.Juni geht es hier.

 

 

 

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