von Andrin Uetz, 18.05.2023
Ein Schloss als Gemeinschaftsprojekt
TKB-Projekte, Teil 4: Die Luxburg in Egnach soll zu einem Hotel und Kultur- sowie Tagungsveranstaltungsort umgebaut werden. Die TKB-Millionen könnten das Projekt mit 1 Million Franken beschleunigen. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
Inmitten des Luxburg-Quartiers in Egnach steht das Schloss Luxburg. Über Jahrzehnte hinweg schlummerte das denkmalgeschützte Gebäude einen Dornröschen-Schlaf. Der Immobilien-Mogul Bruno Stefanini hortete darin einige Kunst- und Militärgegenstände. Im Garten wucherten Efeu und Brombeeren, die grossen Eisentore zum Anwesen blieben verschlossen.
Für die Egnacher:innen war das Schloss ebenso unheimlich wie unnahbar, und doch wünschte sich die eine oder der andere, einmal einen Fuss in dieses an Geschichten nicht arme Haus zu setzen.
Von der Idee zum Businessplan
Als die Tochter des 2018 verstorbenen Bruno Stefanini 2019 die Gemeinde kontaktierte und anbot, das Schloss unter der Bedingung einer Gemeinnützigkeit zu verkaufen, wurde eine Projektgruppe ins Leben gerufen.
Die IG Schloss Luxburg begann an der Idee einer öffentlichen Nutzung des Schlosses zu spinnen, die sich 2022 mit dem Kauf der Immobilie für 1.5 Millionen Franken und der Gründung eines Vereins, einer Aktiengesellschaft und einer Stiftung konkretisierte. Was anfangs von Kritiker:innen als bodenlose Träumerei abgetan wurde, ist nun zu einem handfesten Projekt mit Businessplan und grossen Ambitionen geworden.
Nachhaltigkeit, Öffentlichkeit, Gemeinschaft
Die Luxburg soll der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Geplant ist ein Boutique-Hotel mit achtzehn Zimmern, zwei Ferienwohnungen und einfacher Gastronomie. Zwei Säle im Burggebäude sind für eine vielseitige Nutzung vorgesehen, welche von Kulturveranstaltungen bis zu Seminaren reicht.
Nachhaltigkeit wird gross geschrieben: Der Schlossgarten soll naturnah gepflegt werden, eine regionale und saisonale Küche ist vorgesehen, die Hotellerie orientiert sich am Konzept des „Slow Tourism" mit einem Fokus auf Entschleunigung, Naturnähe und Slow Food.
Eine Anschubfinanzierung mit langfristiger Wirkung
Durch eine schonende aber konstante Nutzung des Gebäudes mittels Hotellerie erhofft sich der Verein die Einnahmen zu generieren, welche einen nachhaltigen und längerfristigen Erhalt der Luxburg und deren öffentliche Zugänglichkeit ermöglichen. Damit das möglich ist, muss das in die Jahre gekommene Gebäude saniert, umgebaut und renoviert werden.
Kostenpunkt: rund sieben Millionen Schweizerfranken. Und hier kommen auch die TKB-Millionen ins Spiel. Die Luxburg darf nämlich bei Annahme der Volksabstimmung am 18. Juni mit einem Zustupf von einer Million Franken rechnen.
Stiftung, Aktiengesellschaft und Verein
Dabei garantiert die Stiftung, dass diese Gelder im Sinne des Gemeinwohls eingesetzt werden. In diesem Sinn ist auch die Gründung einer AG nicht als Vehikel für Spekulationen und grosse Gewinne gedacht, sondern als Möglichkeit einer breiten Unterstützung des Projekts durch die Bevölkerung. Die Stiftung hält mindestens 51Prozent der Aktienstimmen.
Die TKB-Million würde also nicht einfach einen Hotel- und Gastrobetrieb unterstützen, sondern die kulturelle und öffentliche Nutzung des Schlosses in Form eines Anschubstipendiums ermöglichen.
Wie kann das Schloss kulturell belebt werden?
Die interessante Frage ist nun aber auch, was für kulturelle Veranstaltungen und Nutzungen überhaupt möglich sind. Weil die Luxburg quasi umzingelt ist von Wohnhäusern hat sie das Problem, welches Veranstaltungsorte meistens haben.
Bereits jetzt verzögern Einsprachen mit Bedenken wegen Lärmbelastung, Parkplätzen und Verkehr eine gastronomische Zwischennutzung, welche einen bescheidenen Betrieb an jedem zweiten Wochenende vorsieht. Konzerte mit lauter Musik oder Events mit grosser Besucher:innen-Anzahl sind undenkbar.
Norbert Jud, Stiftungsrat und unter anderem fürs Marketing des Projekts verantwortlich, sieht eine grosse Chance in der Kleinkunst, sowie für intimere Produktionen: „Hier kann das Schloss mit dem besonderen Ambiente punkten. Es gibt in der Region eine Nachfrage für kleine aber feine Bühnen. Wir hatten letzten Sommer die Musikgesellschaft Rüthi sowie ein Streichquartett der Familie Gschwend im Vorgarten, das war einfach eine einzigartige Stimmung.”
Wenn viele gemeinsam träumen…
Isabel Baumgartner, Präsidentin des Stiftungsrats und eine der Hauptinitiant:innen des Projekts, betont, wie wichtig es ist, dass die Bevölkerung vor Ort ist und beim Projekt mitgestalten kann: „Das Engagement der Helfer:innen ist enorm. Beispielsweise für die Pflege des Gartens braucht es viele Hände. Mit jeder Person wächst die Vision und dem denkmalgeschützten Gebäude wird neues Leben eingehaucht. Darum ist es uns auch so wichtig, dass bereits jetzt, vor der Renovation, möglichst viele Menschen in die Luxburg kommen können und sich vor Ort selbst ein Bild machen.”
Fast ist man geneigt den brasilianischen Befreiungstheologen Dom Hélder Câmara zu zitieren: „Wenn viele gemeinsam träumen, so ist das der Beginn einer neuen Wirklichkeit.” Die Egnacher:innen und Anwohner:innen selbst haben es in der Hand, aus der Luxburg einen öffentlich zugänglichen und kulturell spannenden Ort zu machen.
Die Serie zum „127-Millionen-Paket“
In den nächsten Wochen bis zur Abstimmung am 18. Juni werden wir bei thurgaukultur.ch die Projekte mit Kulturbezug in einer redaktionellen Serie detaillierter vorstellen. Alle Beiträge bündeln wir im dazugehörigen Themendossier. Bereits erschienen sind Beiträge zu:
Stiftung Drachenburg und Waagturm Gottlieben (2 Millionen Franken)
Die Projektidee umfasst den Kauf, die Renovation, den Umbau und die Modernisierung der historischen Gebäude Drachenburg, Waaghaus und Rheineck in Gottlieben, um diese und deren Umgebung wirtschaftlich zu beleben und als touristischen und gastronomischen Ort zu erhalten.
Schloss Luxburg (1 Million Franken)
Ziel hier ist die Sanierung des denkmalgeschützten Schlosses Luxburg in Egnach, um einen öffentlichen Ort für Aufenthalt und Begegnung im Sinne der regionalen Nachhaltigkeit zu schaffen
Vermittlungssteg Seemuseum Kreuzlingen (630.000 Franken)
Das Seemuseum Kreuzlingen möchte einen Vermittlungssteg bauen, um die Identifikation mit dem Lebensraum Bodensee zu stärken, das Verständnis für die Umwelt rund um den Bodensee zu fördern und um als generationsübergreifender Freizeit- und Lernort zu dienen.
Wasserschloss Hagenwil Sanierung (1,44 Millionen Franken)
Mit den Geldern soll die Sanierung des Wasserschlosses Hagenwil unterstütz werden, um den Erhalt dieses Kulturdenkmales auf Jahrzehnte hinaus zu sichern.
Es folgen bis zum 18. Juni noch:
Thurgauer Kultur- und Erlebniszentrum Weinfelden (10 Millionen Franken aus dem TKB-Topf angefordert)
Ziel ist es ein Kultur- und Erlebniszentrum für den Thurgau zu schaffen. Mit einem Markt für Nahrungs-, Genuss- und Heilmittel aus dem Thurgau sowie einer Eventhalle für
kulturelle, wirtschaftliche und sportliche Anlässe für die Thurgauer Bevölkerung.
Markt Thurgau Frauenfeld (20 Millionen Franken)
Hier geht es um die Umnutzung des Kasernenareals in Frauenfeld. Dort soll der so genannte Markt Thurgau eingerichtet werden. Mit den Geldern aus dem TKB-Topf sollen nicht nur die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude als bauliche Monumente erhalten, sondern vor allem auch der öffentliche Zugang sichergestellt und der Ort für den ganzen Kanton belebt werden. Es sollen Betriebe angesiedelt und die frei werdenden Räume, Flächen und Plätze möglichst kostengünstig an Startups, Vereine, Marktbetreibende, Kleingewerbe und Veranstaltende sowie kreative Gastronomen abgegeben werden.
Kloster Fischingen Sanierung (20 Millionen Franken)
Die baudenkmalerische Substanz soll erhalten und belebt werden. Das Kloster soll ein Begegnungsort mit einem attraktiven Besucherzentrum und einer neuen Gartenanlage werden, die weit über den Kanton hinausstrahlen.
Schaufelraddampfer (3,13 Millionen Franken)
Bau eines eleganten, ökologischen und klimaneutralen, mit Pellets befeuerten Schaufelraddampfers für Untersee und Rhein. Damit will der Verein «Pro Dampfer» die Freizeit- und Ferienaktivität in dieser Region bereichern.
Pier 8590 Romanshorn (2 Millionen Franken)
Diese Idee beinhaltet die Erstellung eines Piers mit einer Plattform oder einem offenen Pavillon über dem Flachwasserbereich als Abschluss des Hafenboulevards, um den Oberthurgau und den öffentlichen Raum am Hafenbecken aufzuwerten.
Zur gesamten Botschaft des Regierungsrats für die Abstimmung am 18.Juni geht es hier.
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- Bitte auch das Kleingedruckte lesen (22.05.2023)
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Kommt vor in diesen Ressorts
- Kulturpolitik
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- Geschichte
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