von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 26.04.2021
14 Ideen für 127 Millionen Franken
Nach dem Börsengang der Thurgauer Kantonalbank, lagen jahrelang 127 Millionen Franken ungenutzt auf dem Konto des Kantons. Jetzt hat der Regierungsrat 14 konkrete Ideen vorgelegt, wie man das Geld investieren könnte. Auch Kulturprojekte könnten davon profitieren. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
In einem aufwändigen Verfahren haben eine eigens dafür eingesetzte Projektgruppe und der Regierungsrat jetzt aus 95 eingegangenen Bewerbungen um Gelder aus dem 127 Millionen schweren Topf, 14 Ideen ausgewählt, die sie dem Grossen Rat zur Förderung empfehlen.
Das Kantonsparlament entscheidet in den nächsten Monaten über die tatsächliche Vergabe der Mittel. „Die Ideen sind kreativ, heterogen und decken praktisch alle Facetten des Kantons Thurgau ab“, heisst es in dem öffentlich zugänglichen 93-seitigen Bericht des Regierungsrats.
Demnach soll die grösste Einzelsumme in das Frauenfelder Stadtentwicklungs-Projekt „Markt Thurgau“ fliessen. Insgesamt 40 Millionen Franken sind für die Umwandlung der Stadtkaserne in ein neues lebendiges Quartier mit verschiedenen Nutzungen vorgesehen. Weitere je 30 Millionen Franken sind für die Entwicklung eines Eidgenössischen Kompetenzzentrum für Holztechnologie sowie das Geothermie-Projekt „TEnU 2030 - Thurgauer Energie-Nutzung aus dem Untergrund 2030“ vorgesehen. Als viertes und letztes Grossprojekt empfiehlt der Regierungsrat den Bau eines Thurgauer Kultur- und Erlebniszentrums in Weinfelden mit Platz für bis zu 6000 Zuschauer. (12 Millionen Franken).
Auch denkmalpflegerische Projekte werden unterstützt
Bei den kleineren Projekten (Fördersumme bis 2 Millionen Franken) werden unter anderem denkmalpflegerische Vorhaben wie der Erhalt und Sanierung des Wasserschloss Hagenwil (1,44 Millionen Franken), Erhalt und Umbau der Drachenburg und des Waaghauses in Gottlieben (2 Millionen Franken) oder die Renovation des historischen Gasthauses zum Trauben in Weinfelden (1 Million Franken), aber auch touristische Ideen wie der Bau eines Piers in Romanshorn (2 Millionen Franken), die Einrichtung eines regionalen Beachsport-Zentrums in Frauenfeld (1 Million Franken) und der Bau eines Stegs am Seemuseum Kreuzlingen (630’000 Franken) empfohlen. Eine Liste aller zur Förderung vorgeschlagenen Ideen gibt es hier.
Insgesamt spürt man dem Bericht an allen Ecken und Enden an, dass er sehr um Transparenz und Ausgewogenheit (in Sparten und Regionen) bemüht ist. Und zudem sehr darauf achtet, objektive Beurteilungskriterien anzuwenden. Wichtigste Voraussetzung bei der Bewertung der eingegangenen Ideen waren demnach ein Nutzen für die Allgemeinheit und Nachhaltigkeit. Zudem sollten die Projekte ausserhalb des Bereiches der ordentlichen Staatsaufgaben liegen. Anhand der Kriterien „Kantonale Bedeutung“, „Überkantonale Ausstrahlung“, „Laufende Kosten“ und „Drittmittel“ wurde letztlich auf Basis einer Punkteskala entschieden.
Interessant ist auch, welche Projekte gescheitert sind
Der jetzt vorliegende Abschlussbericht zeigt auch, dass sich die Politik die Entscheidung nicht leicht gemacht hat: Die Projektgruppe beriet an 11 Sitzungen zum Thema, der Regierungsrat selbst setzte sich an sechs eigenen Sitzungen und zwei Seminaren mit den Vorarbeiten der Projektgruppe auseinander.
So interessant der Blick auf die empfohlenen Projekte ist, so aufschlussreich ist auch ein Blick auf jene Vorhaben, die nun nicht berücksichtigt wurden. Dazu zählen unter anderem das geplante Neue Historische Museum in Arbon, der Digital Campus, Sanierung des Kloster Fischingen oder der Berufsbildungscampus Ostschweiz.
Was wird jetzt aus dem Neubau des Historischen Museums in Arbon?
Ganz zu ist die Tür für diese Projekte allerdings noch nicht. Die Debatte im Grossen Rat könnte noch zu Verschiebungen führen. So wird der rund 46 Millionen Franken teure Bau der Dependance des kantonalen Historischen Museums in Arbon im Bericht als „Sonderfall“ erwähnt. Denn: Eigentlich, so der Bericht, wurde das Thema bereits im Grossen Rat debattiert und es habe damals keine „ablehnenden Voten aus dem Parlament“ gegen eine Verwendung der TKB-Gelder für das Museum gegeben.
Gleichzeitig war jedoch eine der Voraussetzungen bei der Entscheidung über die Priorisierung der eingereichten Projekte, „dass über den ordentlichen Staatshaushalt abgedeckte Ausgaben von der Förderung auszuschliessen seien“. Diesen Widerspruch soll nun der Grosse Rat lösen: „Die Entscheidung über die Förderungswürdigkeit der Projektidee „Neues Historisches Museum“ ist vom Grossen Rat vorzunehmen“, heisst es in dem Bericht des Regierungsrats.
Das Ziel: Ein ausgewogenes Gesamtpaket an Projekten
Die Projektgruppe weist in dem Bericht aber auch darauf hin, dass der Museumsneubau nach den geltenden Bewertungen in dem Verfahren eher wenig Chancen auf Berücksichtigung hätte: In der Rangliste aller bewerteten Projekte stehe das Neue Historische Museum auf Rang 31. Zur Erinnerung: Nach Rang 14 hatten Projektgruppe und Regierungsrat in ihrem Bericht einen Strich gezogen. Mehr Projekte seien mit den 127 Millionen Franken nicht umsetzbar.
Die Debatte im Grossen Rat zur jetzt vorliegenden Auswahl ist noch nicht terminiert, sie soll aber in den nächsten Wochen stattfinden. In einer Medienmitteilung dazu heisst es: „Der Regierungsrat erachtet es als wichtig, dass die parlamentarische Diskussion zu einem Gesamtpaket führt, das die regionale Verteilung der Projekte im Kanton, die Höhe der Fördersumme, die Projektreife oder die Abwägung von Projekten mit ähnlichem Inhalt gebührend berücksichtigt.“
Das Volk soll im Mai 2022 abschliessend entscheiden
Nach der Ratsdebatte soll die Botschaft zum Kreditbegehren erstellt werden und schliesslich ein weiteres Mal im dritten oder vierten Quartal des Jahres im Kantonsparlament beraten werden. Am Ende wird dann das Volk über die Vergabe der Mittel entscheiden. Dieser Entscheid soll nach bisherigen Plänen am 15. Mai 2022 stattfinden.
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