von Inka Grabowsky, 01.10.2018
Der nette Nachbar
50 Jahre lang wirkte in Konstanz der Maler, Graphiker und Illustrator Hans Sauerbruch. Das Kreuzlinger Museum Rosenegg erinnert nun mit einer Sonderausstellung an den Ausnahme-Künstler, der 1996 verstarb.
Einige Arbeiten von Hans Sauerbruch sind in Konstanz allgegenwärtig. Er hat Hauszeichen und Sgraffiti entworfen und selbst in den frischen mehrlagigen Putz geschnitten, die unter anderem das Haus zum Sternen, die Rheinschmiede oder den „Leoparden“ so einzigartig machen. Seine Zeichnungen in der Südkurier-Kolumne „Lachend in die neue Woche“, die er bis Mitte der 1980er Jahre machte, sind vielen noch in Erinnerung. „Mein Vater war sehr fleissig“, erzählt sein Sohn Matthias, der gemeinsam mit seiner Schwester Bettina, und seinem ältesten Bruder Ernst die Ausstellung in der Rosenegg vorbereitet hat. Die Drei mussten aus über tausend nachgelassen Bildern vierzig auswählen, die nun einen Teil des Gesamtwerks repräsentieren. Einen Teil deshalb, weil fast alle Bilder, die er in der Anfangszeit seiner Karriere gemalt hatte, dem Krieg zum Opfer gefallen sind. Sie haben sich auf die Themen Landschaft, Alltag, Gärten und Fasnacht konzentriert.
Der positive Blick
Die Landschaft am Bodensee sei eigentlich zu schön, als dass man sie malen könne, habe sein Vater immer gesagt, so Matthias Sauerbruch. Natürlich konnte er trotzdem nicht wiederstehen. Doch er bemühte sich, hinter das Klischee zu blicken. Er vereinfachte, suchte Strukturen und löste sich im Laufe der Zeit immer weiter von seinen Sujets. Im Erdgeschoss der Rosenegg hängen Bilder aus dem Jahren 1946 bis 88, auf denen die Besucher nachverfolgen können, wie sich der Stil entwickelte. Im Obergeschoss sieht man Sauerbruchs Fasnachtsbilder und Studien zum Alltag am Bodensee. „Ihnen merkt man eine tiefe Sympathie für die Mitmenschen an“, so der Sohn. „In den Naturbildern zeigte sich dafür ein tiefer Respekt vor dem Werden und Vergehen.“ Die Atmosphäre im lichtdurchfluteten Ausstellungsraum passe gut zu seinem Vater. „Er war freundlich, offen und den Menschen sehr zugewandt.“
Suche nach Integration
„Hinter der Heiterkeit standen viele tragische Lebenserfahrungen“, erinnert sich sein Freund und Wegbegleiter Alexander Gebauer. „Man spürt in seinen Bildern, wie er sich bemüht, in der Stadt und bei den Menschen Halt zu gewinnen.“ Es sei ihm ein lebenslanges Bedürfnis gewesen, sich zu integrieren. Hans Sauerbruch war Sohn des bekannten Arztes Ferdinand Sauerbruch. Wann immer der Vater eine neue Arbeitsstelle antrat, musste die Familie umziehen. Hans brachte das immerhin einige Primarschuljahre in Zürich ein und die Fähigkeit, Schweizerdeutsch zu sprechen. Nach dem zweiten Weltkrieg, als Sauerbruch aus der russischen Gefangenschaft entlassen worden war und Zuflucht im unzerstörten Konstanz suchte, sei das durchaus nützlich gewesen, wie sich seine Kinder erinnern.
Über die Grenzen hinweg
Für die Museumsleiterin Yvonne Istas ist die Ausstellung zu Hans Sauerbruch das ideale Mittel, um eine Brücke zwischen Konstanz und Kreuzlingen zu schlagen. „Er war hier wie dort bekannt. Und er hat mit der Künstlervereinigung ‚Der kleine Kreis’ selbst grenzüberschreitend gearbeitet.“ Insgeheim hofft sie, über die Erinnerungsausstellung auch den Konstanzern einen Besuch im Kreuzlinger Museum schmackhaft zu machen.
Termine: Die Ausstellung «Erinnerung an Hans Sauerbruch» ist bis 3. Februar 2019 zu sehen. Die Öffnungszeiten: Mittwoch 17 bis 19 Uhr; Freitag 14 bis 17 Uhr; Sonntag 14 bis 17 Uhr. Alexander Gebauer bietet am 7. Oktober eine Führung zu den Sgraffiti in Konstanz an. Treffpunkt am Narrenbrunnen (Augustinerplatz) um 14 Uhr. Details zu weiteren Führungen durch die Ausstellung finden Sie hier
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