von Inka Grabowsky, 20.01.2020
Ein Stück Himmel auf Erden
Gut gelaunt präsentieren die Stiftung Kartause Ittingen, das tecum und die beiden Museen ihr Programm für das kommende Jahr. Alle waren zufrieden mit 2019 und freuen sich auf die Weiterführung angestossener Projekte.
„Wir haben ein gutes Jahr hinter uns und ein schönes Programm vor uns“, sagt Heinz Scheidegger, der Procurator der Stiftung. Gut voran gehe die Dachsanierung. Die dritte von zwölf Etappen steht nun bevor. Im Jubiläumsfond, der Spenden für den Austausch der schadhaften Ziegel sammelt, sind immerhin schon 700.000 Franken. „Unser Ziel war es, ein Drittel der Kosten, also 1 Million, über Spenden zu finanzieren. Da sind wir auf gutem Weg.“
Im Kulturprogramm werden bewährte Elemente wie die Sonntags- oder Pfingstkonzerte und die Veranstaltungsreihe „Wandern und wandeln“ beibehalten oder sogar ausgebaut. So gibt es neu einen Weg „Weinwissen“ und neu ist auch der Samengarten neben dem Loop von Bildstein/Glatz. Zunächst für vier Jahre sollen hier alte Sorten von Nutzpflanzen die Biodiversität in Hausgärten beleben.
Das Seminarhotel sei derzeit im Markt erfolgreich, so Scheidegger. 17.000 Übernachtungen gab es im vergangenen Jahr. Damit das so bleibt, wird das Angebot erweitert. Zwei der Klausen, in denen früher die Kartäuser lebten und arbeiten, wurden renoviert. Eine steht Künstlern zur Verfügung, die vor Ort arbeiten. Die andere aber können Touristen von April bis Oktober mieten (für 1491 Franken für zwei Personen pro Woche mit Frühstück).
Kunstmuseum mit vielen Frauen
Der Direktor des Kunstmuseums Markus Landert freut sich auf die Zusammenarbeit zwischen der Stiftung, die unter anderem die Infrastruktur zur Verfügung stellt, dem tecum, das die Spiritualität des Orts aus der Vergangenheit in die Gegenwart holt, und der zeitgenössischen Kunst, die den einstmals kirchlichen Raum bespielt. Genau zu dem Thema findet Anfang Juni die Tagung „Kunst und Kirche heute“ statt.
Landert blickt auf ein sehr erfolgreiches 2019 zurück. Vor allem durch die Helen Dahm-Ausstellung habe es mehr als 30.000 Eintritte im Kunstmuseum gegeben. In 2020 will er wieder viele Menschen nach Ittingen locken. Wichtig dafür ist die Kooperation „Thurgauer Köpfe“ zwischen 25. April bis 18. Oktober, an der sich alle sechs kantonalen Museen beteiligen. Das Kunstmuseum wird sich auf Frauenköpfe beschränken und unter dem Titel „Frauen erobern die Kunst“ zeigen, wie Künstlerinnen im Thurgau sei dem 19. Jahrhundert gearbeitet haben.
Ergänzend zu dieser umfassenden Rückschau gibt es die zeitgenössische Ausstellung „Pinsel, Pixel und Pailletten“ mit aktuellen Werken aus der Region vom 22. März bis zum 20. September, die dann von der Fotoausstellung „Heimatfront – Bühnenbilder des Kriegs“ von Claudio Hils abgelöst wird. Das Ittinger Museum gestaltet im Rahmen des „Thurgauer Köpfe“-Programms eine Sonderausstellung zu Victor Fehr, die 1867 die Kartause kaufte und in einen Vorzeige-Landwirtschaftsbetreib umwandelte.
Schon jetzt trifft Adolf Dietrich auf Zeitgenossen
Bevor im April die „Thurgauer Köpfe“ einziehen, sind die Räume frei für eine Zwischenausstellung aus dem Bestand des Kunstmuseums. Die „Konstellation 11“ nutzt sie für eine Gegenüberstellung von Adolf Dietrich mit seinen und unseren Zeitgenossen. Der Berlinger Maler ist Teil eines Netzwerks, wurde selbst portraitiert und liess sich ebenso von seinen Vorgängern inspirieren, wie sich spätere Maler von ihm anregen liessen.
„Richard Tisserand beispielsweise suchte gezielt Stellen auf, die schon Dietrich festgehalten hatte, und verewigt sie dann mit Hinterglasmalerei“, beschreibt Direktor Markus Landert. „Der Vergleich zwischen den Werken der beiden Künstler ist spannend.“
Faszinierend auch die Video-Installationen von Peter Koehl und Christoph Rütimann. Koehl setzt die Motivwelt von Dietrich in bewegte Bilder um, Rütimann konzentriert sich auf Linien in der Bodensee-Landschaft, die er mit der Kamera dokumentiert. Die Linien in Dietrichs bekanntesten Werken verbindet er für die Ausstellung mit eigenen Linien-Gemälden.
Umfangreiches Programm auch im Bildungszentrum tecum
Das evangelische Bildungszentrum tecum sorgt dafür, dass die ruhesuchenden Feriengäste während ihres Klausner-Daseins jeweils an Morgenandachten teilnehmen können. „Sie sollen den Besuchern erlauben, den klösterlichen Geist zu erspüren“, sagt Jasmin Hanselmann vom tecum, „deshalb dürfen die Klausenbewohner ausnahmsweise im alten Mönchsgestühl sitzen und sich damit einreihen in eine Jahrhunderte alte Gebets-Tradition.“
Weitergeführt werden die Angebote „ReVision“, bei dem sich bis zu zehn Teilnehmer an fünf Wochenenden treffen, um gemeinsam ihre Persönlichkeit zu stärken, und die „Auszeit im Kloster“, bei der Gäste von Montag bis Freitag in der Kartause bleiben und mit Hilfe einer Therapeutin und eines spirituellen Ansprechpartners Kraft schöpfen können.
Die Jubiläumsfeierlichkeiten zu 150 Jahren Landeskirchen werden auch in der Kartause begangen. „Wir wollen gemeinsam mit dem Kunstmuseum Himmel und Erde verbinden“, sagt Jasmin Hanselmann. Der Walliser Künstler Vincent Fournier wird im Frühjahr die 184 Stufen mit himmelblauen Brettern verschalen und damit bis in höhere Sphären optisch verlängern. Am 3. Mai ist die Vernissage geplant.
Kommende Veranstaltungen
„Konstellation 11 – Dietrich & Co“ läuft vom 18. Januar bis zum 13. April.
Das dritte Ittinger Sonntagskonzert mit dem Dover Quartett findet am 26. Januar statt.
Eine Übersicht über das Gesamtprogramm des Kunstmuseums findet sich hier.
Die Ittinger Pfingstkonzerte
Das Programm der Pfingstkonzerte vom 29. Mai bis 1. Juni ist veröffentlicht. Von Freitag bis Pfingstmontag finden sieben Konzerte statt. Der Cellist Nicolas Altstaedt hat nach 2019 erneut die künstlerische Leitung übernommen und stellt unter dem Motto „Autonomia“ spannende unbekannte Werke bekannten und beliebten Stücken gegenüber. Der Vorverkauf läuft über die Internetseite der Kartause: https://www.kartause.ch/de/ittinger-pfingstkonzerte?c=1
Von Inka Grabowsky
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