von Claudia Koch, 15.09.2020
Zukunftsfragen
Wie finanziert man heute eigentlich noch einen Kunstverein? Der Kunstverein Frauenfeld sucht nach neuen Wegen und denkt auch darüber nach, Teile der eigene Kunstsammlung zu verkaufen.
Sich vermehrt via Medien nach aussen präsentieren. Das ist eine der Aufgaben, die sich der neunköpfige Vorstand unter dem Präsidium von Rita Wenger als künftiges Ziel gesetzt hat. Anfangs Juli traf sich das Gremium zu einer Brainstorming-Sitzung, an der laut Wenger unter anderem folgende Fragen diskutiert wurden: «Wo stehen wir? Welche Aussenwirkung erzielen wir? Welche Probleme stehen an?» Der Auslegeordnung unter dem Motto «Die Zukunft des Kunstvereins Frauenfeld» gingen Fragen zur Beibehaltung des Ausstellungskonzepts, des Standortes, aber auch zur Verbesserung der finanziellen Situation voraus.
«Es gilt, mehr finanzielle Quellen zu finden und gleichzeitig Kosten zu sparen», sagt Rita Wenger. Denn gerade die Exkursionen wie auch Lesungen sind kostspielig wie auch aufwändig. «Zudem wissen wir zu wenig, ob diese Angebote weiterhin auf ein grosses Echo stossen», so Wenger. Nebst dem Anliegen, die finanzielle Situation des Vereins mittels mehr Mitgliedern oder Stiftungsbeiträgen zu verbessern, stand auch die Frage des Standorts, die gemieteten Räumlichkeiten im Berner Haus, zur Diskussion. Wenger sagt dazu: «Die Räume sowie die Infrastruktur hier sind toll. Der Kunstverein und das Berner Haus gehören einfach zusammen, vorläufig zumindest.»
420 Objekte sind in der eigenen Kunstsammlung
Auch am Konzept mit den vier Ausstellungen und einer Sommerausstellung pro Jahr will der Vorstand festhalten. Trotz der Schutzmassnahmen und des Umstands, dass im Moment keine Vernissagen durchgeführt werden können. Was dem Vorstand hingegen Kopfzerbrechen bereitet ist die eigene Kunstsammlung, die in den letzten sechzig Jahren auf rund 420 Objekte angewachsen ist. Laut Vorstandsmitglied Hans Bissegger kommen immer wieder Schenkungen und Nachlässe hinzu, die das kostenpflichtige Lager in Aadorf füllen.
Bissegger wäre froh, die Sammlung etwas näher zu haben. Gewisse Objekte zu verkaufen, als weitere Finanzquelle, wäre für Wenger eine Option. Was immer wieder positiv auffällt, sind die Anfragen zu Ausstellungen von Kunstschaffenden von weit her. «Wir haben eine überregionale Wirkung. Das zeigt uns, dass dieser Standort als wertvoll und lohnend eingestuft wird», sagt Wenger.
Exkursionen und Lesungen sind auf 2021 verschoben
Bissegger möchte in der Kunstvermittlung noch aktiver werden, denn diese wie auch die Exkursionen liegen ihm besonders am Herzen. Doch hat die Pandemie den Exkursionen sowie den Lesungen dieses Jahr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Diese Angebote werden daher auf das nächste Jahr verschoben. Was hingegen dieses Jahr weitergeht sind die Ausstellungen, die mit textilen Werken von Erich Weber, «Grillgi», gestartet sind.
Um die Wirkung nach aussen zu verstärken und vermehrt Publikum anzuziehen, überlegt sich der Vorstand, Partnerschaften mit anderen kunstvermittelnden Institutionen einzugehen. Bissegger nennt dabei etwa das Kunstmuseum Thurgau, das Shed im Eisenwerk Frauenfeld oder die Kunstgesellschaft Kreuzlingen. Zwar fänden bereits verschiedene Kooperationen statt, doch könnten diese mit gemeinsamen Ausstellungen intensiviert werden, so Bissegger.
Ein Ziel: Mehr Kooperationen eingehen
Auch die Stadt möchte er vermehrt ins Boot holen und spielt dabei mit dem Gedanken, einzelne Objekte aus der Sammlung an gewissen prominenten Orten zu platzieren. Wenger zeigt sich zuversichtlich ob der Zukunft des Vereins, auch in finanzieller Hinsicht. Denn dank der tiefen Marge von 25 Prozent, die der Verein pro verkauftes Bild erhält, sind die Räumlichkeiten für Kunstschaffende im zentral gelegenen Berner Haus sehr beliebt.
Die nächsten Ausstellungen im Kunstverein
Anfangs November bis anfangs Dezember werden Werke von Rahel Müller und Markus Huber gezeigt. Im neuen Jahr präsentiert anfangs Februar bis anfangs März Almira Medaric ihre Werke. Und anfangs April bis anfangs Mai 2021 gibt es neue Kunst aus der Mongolei von Nomin Bold und Baatarzorig Batjargal zu sehen.
Von Claudia Koch
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