von Brigitta Hochuli, 03.10.2017
„Flow“ - was Mehl alles kann
Brigitta Hochuli
Omamas älteste Enkelin ist schon weit über vier und kennt die Frauenfelder Theaterwerkstatt beim Gleis 5. Am Sonntag durften aber auch die Allerkleinsten dabei sein. Für sie war die Premiere des Stücks „flow“ eine doppelte. Das habe man sehr, sehr achtsam vorbereiten müssen, erzählt Puppenspielerin Rahel Wohlgensinger. Es habe unzählige Tryouts gegeben. Die Künstlerin nennt sie Skizzen. Erarbeitet wurden sie mit Hilfe der Kita Oberkirch. „Man braucht die Kleinen, um irgendwann in ein glückhaftes Versinken im flow zu kommen“, sagt die Mutter von drei Kindern.
Die Vorarbeit dauerte seit Herbst 2014 und hat sich gelohnt. Die 30 kleinen Kinder sassen mucksmäuschenstill vor der Frau, die unter musikalischer Begleitung und der Geräuschkulisse von Andrea Zuzak viel Mehl auf die Bühne stäubte.
Rahel Wohlgensinger zaubert mit Mehl. Bild: Ilja Mess
Omama hat ganz vergessen, dass sie kein Kind mehr ist. So poetisch bezaubernd ist das Stück. Über dem schwarzen Bühnenrund wölbt sich ein Sternenhimmel. Zwischen Fingern und in einem grossen Becken knistern Getreidekörner. Aus einer winzigen Handmühle rieselt das Mehl. Aus einem Papiersack nimmt die Puppenspielerin eine Taucherbrille, schüttelt die mehlig gewordenen Hände, bildet tanzend Mehlkreise, bläst Mehlwolken, leert den Sack, tritt den Mehlhaufen mit den Füssen und - putzt die Brillengläser.
Aber da ist noch ein weiterer Sack. Es plätschert Wasser. Mehl und Wasser haben sich zu einem Teig vermischt. Er wird zur Schnecke, zum Schaf, zur Schlange, zum kurligen Männchen. Geigenklänge begleiten die Bewegungen der Tiere. Jetzt ist es lustig, die halbe Stunde vorbei, es schliesst sich ein Lebenskreis. Im dritten Sack knistert ein Feuer. Es riecht nach Brot!
Nach einer halben Stunde Spiel mit dem Mehl dürfen die Kinder auf die Bühne. Es gibt nun laute Musik und ein Stück richtiges Brot.
Erst der Anfang
Die Puppenspielerin Rahel Wohlgensinger wollte etwas beisteuern zum Format „Theater von Anfang an“, das zum Beispiel in Deutschland schon seit vielen Jahren bekannt ist. So entwickelte sie zusammen mit der Musikerin Andrea Zuzak ihr erstes Stück. Zusammen mit Nina Knecht und Claudia Seeberger wurde der Verein Prima, Zürich, gegründet. Er will künftig in der Schweiz ein Netzwerk aufbauen, um auch für die Allerkleinsten hierzulande den Zugang zur ästhetischen Bildung zu ermöglichen.
Das Stück Flow stammt aus der Feder der deutschen Regisseurin Andrea Kilian. Für die ganz Kleinen müsse man ganz sanft erzählen und sie bei den Ohren und Augen abholen. Sie arbeitet zum ersten Mal in der Schweiz. „Eine tolle Erfahrung!“ (ho)
Weitere Aufführungen
4.10.17 Theaterwerkstatt Gleis 5 Frauenfeld, Ende Oktober/Anfang November im Theater PurPur in Zürich
*
Kitas können buchen über info@puppenspiel.ch
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