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von Tabea Wick, 17.01.2023

Musik für die Work-Life-Balance

Musik für die Work-Life-Balance
Debütant:innen: Martina Wundling und Tobias Rüetschi sind das Duo BÜRO. | © zVg

Nachdem das Frauenfelder Duo BÜRO ein Jahr voller unkonventioneller Auftritte hinter sich hatte, veröffentlichten Martina Wundling und Tobias Rüetschi ihr gleichnamiges Debut. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)

Man sammle die trist aussehenden Buchhaltungsformulare aus einem stickigen Grossraumbüro, nehme die viel zu farbenfrohen Einladungen zur Geschäftsfeier und reiche alles dem unterbezahlten Praktikanten, um sie zu schreddern. Der Chef nehme einem seine Lebenspläne und -träume ab und übergebe diese ebenfalls dem Praktikanten.

Der Sound des Musik-Duos BÜRO klingt so, wie man sich den Klang der Papierschnipsel aus dem Schredder, dieses gerade imaginierten Unternehmens, vorstellen würde: Eine Mischung aus (nur auf das erste Hinhören) fröhlichem Wave und melancholischen Texten.

Ganz passend dazu die Live-Auftritte von BÜRO; Musik ab Band, die beiden Mitglieder singen vor einer Leinwand oder neben einem Röhrenbildschirm mit Text – Karaoke. Doch farbige Videos über dem Text sucht man vergebens. Alle Szenen werden in Schwarz-Weiss projiziert.

 

Luftballons und Glitzervorhang: Das Duo BÜRO will raus aus dem grauen Arbeitsalltag. Bild: zVg

Raus aus der Eintönigkeit

«Sie bruched nur no es Logo und denn macheds es Büro uf», singen die beiden BÜRO Bandmitglieder Tobias Rüetschi und Martina Wundling in ihrem Song «büro» – von der EP «Büro». Wer jetzt denkt, dass das nach wenig Abwechslung klingt, kann sich überraschen lassen. Denn das aus Frauenfeld stammende Duo beweist auf ihrer Ersterscheinung, dass es nichts von Wiederholungen und Eintönigkeit hält.

Ich muss zugeben, die Tatsache, dass Song, EP und Band alle gleich heissen und sich im Namen lediglich in ihrer Schreibweise unterscheiden, liess auch mich annehmen, dass sich bei BÜRO alles um das Thema Arbeit dreht. Und schliesslich machte das Duo vor dem Release auch mit dem Teilen von Bildern von mal mehr, mal weniger abstrakten Bürostühlen und -utensilien auf ihrem Instagramkanal auf die kommende Veröffentlichung aufmerksam.

«Eigentlich ist der Song «büro» der einzige Titel auf der EP, in der es wirklich um Büros geht», verrät Tobias. Bandkollegin Martina erklärt: «Unsere Texte sind sehr persönlich. Ich verarbeite prägende Erlebnisse darin, lasse aber genug Interpretationsfreiraum». Jeder könne etwas anderes aus ihren thurgauerdeutschen Texten herauslesen.

Reinhören: So klingen BÜRO

Sehr persönliche Texte mit Interpretationsfreiraum

Ihre Texte handeln aber alle von den Problemen des modernen Lebens, verraten sie mir. BÜRO begleiten sozusagen nicht nur durch den strengen Arbeitsalltag, sondern bis in den, nicht immer so entspannten Feierabend.

In meinem persönlichen Favoriten «bouquet» beispielsweise besingen die beiden Lebensträume, Kreativität und Schaffensgeist. Und noch viel wichtiger; die Frage darüber, wie viele meiner Träume sind wirklich meine Träume? Und will ich diese für mich oder die Gesellschaft und ihren Leistungsdruck erfüllen? Oder für eine andere Person, die ich beeindrucken will? – Aber wie schon gesagt, das ist Interpretationssache.

 

Angekommen im Bürojob. Und jetzt?

«BÜRO machen Musik für die spätkapitalistische Existenzkrise», schreiben sie passenderweise über sich. Ein Thema, das beide Hälften des Duos beschäftige. Beide aufgewachsen in der Region Frauenfeld, haben sie nun einen Bürojob und auch ein ungutes Gefühl beim Gedanken bis zur Pension im Büro zu arbeiten. «Deshalb nennen wir uns BÜRO», sagt Martina.

Dass dieses ähnliche Erleben der Welt die zwei ein gutes Team abgeben würden, war Tobias schnell klar. Er feilte an neuen Melodien und Klängen, wusste aber, dass es nicht für sein anderes Musikprojekt Obacht Obacht sein soll. Da sei ihm seine langjährige Kollegin Martina in den Sinn gekommen. «Ich hatte noch nicht so viel Banderfahrung. Ich habe Bass gespielt bei der Band Chemical Mindfuck Show. Das Singen bei BÜRO war für mich noch ganz neu», erzählt Martina.

Konzerte als Karaoke-Show

Der kreative Prozess vom Texten bis zum Aufnehmen sei aus Gründen der Pandemie grösstenteils vom Homeoffice aus geschehen – eine weitere Überlegung für die Namensgebung des Duos. Not macht eben erfinderisch. Auch die Idee die Auftritte als Karaokedarbietung zu inszenieren, ist nicht nur ganz zum Spass entstanden. Als Duo ohne Live Band hätten sie nicht viele Optionen gehabt ihre Musik auf der Bühne darzubieten. Zu zweit die Rolle einer mehrköpfigen Band auszufüllen ist praktisch nicht möglich.

Nun läuft die Musik ab Band und Martina und Tobias singen beide. Normalerweise würde das beim Publikum nie ankommen. Doch aus einer vermeintlichen Schwäche, machen BÜRO mit Hilfe einer Karaoke-Maschine ihre Stärke- und eigentlich schon so etwas wie ihr Markenzeichen. Nämlich auch ihre Musikvideos zeigen alle nur den Röhrenbildschirm, auf dem der Songtext erscheint.

Neuerfindung startet von vorne

Auf diese Weise feierten BÜRO auch das Erscheinen ihrer EP. Am Abend vor der Veröffentlichung luden sie im Kraftfeld in Winterthur zum Karaoke-Abend ein. Alle paar Songs performt das Duo, den Grossteil des Abends wird aber das Publikum zum Singen eingeladen. Nicht nur BÜRO-Songs aber Lieder, die in die Stimmung passen natürlich.

Dies sollte auch ein Abschluss sein für die Karaoke-Karriere von BÜRO. Ans Aufhören denken die beiden noch nicht, doch ihnen sei es wichtig sich weiterzuentwickeln, um sich nicht ums immer gleiche Thema zu drehen. Jetzt heisse es für Martina und Tobias erst einmal: Kopf frei machen und sich dann neu erfinden. Wir werden sehen und hören, was da noch so kommt.

 

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