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Werkschau Thurgau: 9 Dinge, die Sie wissen sollten

Werkschau Thurgau: 9 Dinge, die Sie wissen sollten
Spurensuche im Thurgau: Die Werkschau Thurgau will den Fingerabdrücken der Künstlerinnen und Künstler nachspüren. Jenen Spuren, die die Kunstschaffenden im Kanton oder anderswo hinterlassen haben. Das Foto zeigt einen Ausschnitt des Plakats zur Kunstausstellung. | © Michael Lünstroth

Nach 2013 und 2016 startet am 26. Oktober die dritte grosse Ausstellung zeitgenössischer Kunst von Künstlerinnen und Künstlern mit Thurgaubezug. Wir haben die wichtigsten Infos dazu für Sie zusammengefasst

1. Werkschau Thurgau - was ist das überhaupt?

Die Werkschau Thurgau ist eine gross angelegte Kunst-Ausstellung, die an vier verschiedenen Orten im Kanton zeigen will, womit sich zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler, die einen Bezug zum Thurgau haben, heute beschäftigen. 2013 fand die Schau zum ersten Mal statt. Seither läuft sie alle drei Jahre. Initiiert wurde sie von der Kulturstiftung des Kantons Thurgau. Die Idee dahinter damals war es, „das regionale Kunstschaffen in all seinen Facetten und Tendenzen selbstbewusst und kritisch vorzustellen, die gegenseitige Wahrnehmung unter den Kunstschaffenden anzuregen und während drei Wochen dezentral in verschiedenen Kunsträumen möglichst zahlreiche Kunstinteressierte von nah und fern anzusprechen.“ Die Werkschau Thurgau 2019 beginnt am Samstag, 26. Oktober und endet am 17. November.

2. Für wen ist das?

Grundsätzlich: Für jeden. Warum? Siehe Antwort auf Frage 3. Zudem: Der Eintritt ist im Kunstraum Kreuzlingen, im Shed Frauenfeld und der Kunsthalle Arbon während der ganzen drei Wochen frei. Der Eintritt ins Kunstmuseum Thurgau kostet 10 Franken. Am Eröffnungstag (26. Oktober) gilt allerdings auch hier: Eintritt gratis. Es gibt auch spezielle Angebote für Kinder und Jugendliche.

3. Warum muss mich das interessieren?

Zeitgenössische Kunst bildet oft Themen ab, die gesellschaftlich relevant sind. Wer also wissen will, was die Gesellschaft heute bewegt, der findet hier Antworten. In guten Arbeiten vermögen es Künstlerinnen und Künstler eine neue Perspektive auf ein solches Thema zu eröffnen. Oder sie arbeiten mit Techniken, die verblüffende, unerwartete Wirkungen haben können. Die Kunst ermöglicht neue Sichtweisen und eröffnet so im besten Fall neue Horizonte.

Freilich: Man muss sich auch darauf einlassen. Zeitgenössische Kunst ist oft rätselhaft und nicht selbst erklärend. Sie fordert auch etwas vom Publikum: Reflexion. Und die Bereitschaft sich auch auf ungewöhnliche, einem unvertraute, Pfade zu wagen. In Ausstellungen sind oft nicht alle Werke grossartig und direkt bewusstseinserweiternd. Aber wenn es zumindest eine Arbeit gibt, der es gelingt, die Besucher im Innersten zu berühren oder zu neuen, noch ungedachten Gedanken anzuregen, dann ist viel erreicht.

Die Kulturstiftung des Kantons Thurgau hat die Werkschau 2013 erstmals ins Leben gerufen. Die amtierende Stiftungspräsidentin Renate Bruggmann freut sich in diesem Jahr auf die dritte Ausgabe. Bild: Michael Lünstroth
4. Ich habe keine Zeit, vier Ausstellungen in einem Monat anzuschauen. Geht das auch an einem Tag?

Klar. Man kann auch alle Ausstellungen an einem Tag besuchen. Entweder alle selbst mit dem Auto abfahren. Dabei sollte man aber die sehr verschiedenen Öffnungszeiten der einzelnen Orte bedenken. Oder man wählt eine Busfahrt. Zum Beispiel bei der Eröffnung am Samstag, 26. Oktober. Die Kulturstiftung bietet anlässlich der Vernissage eine Bustour zu den vier verschiedenen Ausstellungsorten. Sie startet um 13.45 Uhr am Eisenwerk in Frauenfeld und führt über das Kunstmuseum Thurgau in der Kartause Ittingen, den Kunstraum Kreuzlingen zur Kunsthalle Arbon und schliesslich wieder zurück in den Shed nach Frauenfeld. Abends gibt es dann ein grosses Eröffnungsfest im Shed ab 19.30 Uhr mit einer Kunstaktion von Florian Germann

Vorteil der Bustour: Man bekommt einen schnellen Überblick. Nachteil der Bustour: Man bekommt eben nur einen schnellen Überblick. An jeder Station hat man maximal eine Stunde Zeit, sich mit der Kunst zu beschäftigen. Das ist oft zu wenig für eine echte Auseinandersetzung mit allen Werken. Wer die Bustour wählt, sollte sich vorher überlegen, was er sehen will und sich auf ausgewählte Arbeiten konzentrieren, dann kann auch das anregend sein. Anmelden für diese Bustour (Kosten: 10 Franken) kann man sich per Mail bei der Kulturstiftung: info@kulturstiftung.ch  

5. Wer darf bei der Werkschau ausstellen?

In diesem Jahr sind 32 verschiedene Arbeiten auf der Werkschau Thurgau zu sehen. Die ausstellenden Künstlerinnen und Künstler sind zwischen 27 und 76 Jahren alt. Wichtigste Bedingung für die Teilnahme ist - die Kunstschaffenden müssen einen Bezug zum Thurgau haben. Was heisst das? Nun. In der Medienmitteilung der Kulturstiftung zur Werkschau hat das Gioia Dal Molin sehr schön beschrieben: „Losgelöst von den biografischen Windungen, die mal nach Gottlieben, mal nach Belgrad oder nach Basel führen, sind sie in der einen oder anderen Form mit dem Kanton Thurgau verbunden. Sie sind hier aufgewachsen, sind weggezogen, zurückgekommen oder angekommen. Sie haben also Spuren hinterlassen.“ 

«Es werden keine Portfolios einfach vorab ausgesiebt. Wir widmen jedem eingereichten Dossier unsere Aufmerksamkeit.» 

Gioia Dal Molin, Beauftragte der Kulturstiftung und Jurymitglied über Auswahlprozesse bei der Werkschau (Bild: Sascha Erni)

6. Wer entscheidet darüber, wer dabei ist und wer nicht?

Die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler erfolgte durch eine Fachjury, bestehend aus Vertretern und Vertreterinnen der beteiligten Ausstellungsorte und der Kulturstiftung sowie externen Expertinnen und Experten. Die Auswahl bei solchen Ausstellungen führt immer wieder zu Diskussionen, weil die Entscheidungsprozesse oft nicht transparent sind. Welche Künstlerinnen und Künstler aus welchen Gründen ausgewählt oder ausgesiebt wurden, ist von aussen kaum nachvollziehbar. 

Aus diesem Gefühl heraus ist in diesem Jahr auch eine weitere Kunst-Ausstellung entstanden: Plan B heisst sie. Gezeigt wird sie im Hafen Romanshorn. Plan B wurde initiiert von Giancarlo Bolzan, Martin Bührer, Mark J. Huber, Thomas Reck, Markus Reich, Stefan Rutishauser, Bernhard Schiesser, Thomas Stadler, Eva Stucki und Catherine Zundel. „In der Zehnerrunde ist von «schalem Beigeschmack» die Rede, wenn man sehe, dass einige Künstler bereits zum zweiten oder dritten Mal an der Werkschau Thurgau teilnehmen“, schrieb die Thurgauer Zeitung.

Die Kulturstiftung versucht dieser gefühlten Ungerechtigkeit etwas entgegen zu setzen: „Wir kommunizieren die Zusammensetzung der Jury und wir klären über den Ablauf des Selektionsverfahrens auf. Anlässlich der Werkschau machen wir zudem alle eingegangenen Dossiers in den Räumlichkeiten der Stiftung zugänglich. Interessierte Besucherinnen und Besucher können so also auch die nicht selektionierten künstlerischen Positionen angucken und sich zur Auswahl der Jury eine eigene Meinung bilden“, sagt Gioia Dal Molin. Sie verspricht zudem: „Für die Werkschau kann ich zum Beispiel auch ganz klar sagen, dass wir jedem eingereichten Dossier unsere Aufmerksamkeit widmen. Es werden keine Portfolios einfach vorab ausgesiebt – wir nehmen jedes Dossier in die Hand.“ 

Jurymitglieder der Werkschau Thurgau 2019 sind: Inge Abegglen (Kunsthalle Arbon), Madeleine Amsler (freischaffende Kuratorin), Katja Baumhoff (Shed im Eisenwerk), Gioia Dal Molin (Kulturstiftung des Kantons Thurgau), Esther Eppstein (Künstlerin und Kuratorin), Stefanie Hoch (Kunstmuseum Thurgau), Richard Tisserand (Kunstraum Kreuzlingen). Beisitz: Renate Bruggmann, Präsidentin der Kulturstiftung des Kantons Thurgau.

7. Welche Künstlerinnen und Künstler sind in diesem Jahr dabei?

In der Kunsthalle Arbon sind Arbeiten von Peter Kamm, Lika Nüssli, Olga Titus, Christoph Rütimann, Lucie Schenker, dem Duo Wundersam & Schmalz – Herbert Kopainig, René Schmalz sowie Tim Zulauf zu sehen. 

Im Kunstmuseum Thurgau sind dabei: Brigitte Buchholz, Matthias Bosshart, Roland Dostal, Ray Hegelbach, Stefanie Koemeda, Gabriel Kuhn, Sonja Lippuner, Sebastian Stadler, Judit Villiger, Herbert Weber und Eva Zulauf.

Der Kunstraum Kreuzlingen wird bespielt von Esther van der Bie, Martina Böttiger, Dieter Hall, Susanne Hefti, Cécile Hummel, Rhona Mühlebach und Karin Schwarzbek

Und im Shed des Frauenfelder Eisenwerk sind Arbeiten von Max Bottini, dem Kollektiv CKÖ (Sara Widmer & Daniel Lütolf), Florian Germann, Rachel Lumsden, Almira Medaric, Scarth & Boskovic (Vincent Scarth, Lorenz Boskovic) und Lisa Schiess ausgestellt. 

Sind unter anderem mit dabei bei der Werkschau Thurgau 2019 (von links): Roland Dostal, Esther van der Bie, Sebastian Stadler, Sonja Lippuner, Almira Medaric und Matthias Bosshart. Bilder: zVg
8. Was, wenn ich am Tag der Eröffnung keine Zeit habe?

Die Werkschau Thurgau 2019 ist drei Wochen lang bis zum 17. November an den vier verschiedenen Orten zu sehen. Wer auf eigene Faust die Orte erkunden will, sollte sich vorher die unterschiedlichen Öffnungszeiten anschauen. Es gibt auch während der gesamten Laufzeit verschiedene Veranstaltungen im Rahmenprogramm: Von einem Workshop für Familien mit dem Kollektiv CKÖ und der Kunstvermittlerin Rebekka Ray im Shed (27. Oktober), über Performances und Aktionen von Künstlern wie Wundersam & Schmalz (3. November, Kunsthalle Arbon) oder Max Bottini (7. November, Shed Frauenfeld) bis hin zu speziellen Vermittlungsangeboten für Schulklassen (Nähere Informationen und Anmeldung per Mail an rebekka.ray@bluewin.ch  Details zum Rahmenprogramm und den einzelnen Ausstellungen gibt es auch auf der Website der Ausstellung: www.werkschautg.ch  

9. Und warum genau wirbt die Ausstellung mit einem Fingerabdruck auf den Plakaten für sich?

Auf dem Plakat zur Werkschau Thurgau sieht man einen grossen Fingerabdruck sowie sehr klein die Namen einiger Orte aus dem Kanton und die Namen der ausstellenden Künstlerinnen und Künstler. Die Idee dahinter: Die Werkschau will gewissermassen den Fingerabdrücken der Künstlerinnen und Künstler nachspüren. Also jenen Spuren, die die Kunstschaffenden im Thurgau, aber auch anderswo hinterlassen haben. Deshalb die entsprechende grafische Umsetzung. Nach Angaben der Kulturstiftung wurden alle Werkschaukünstlerinnen und -künstler gebeten, ihren Fingerabdruck einzusenden – dieser Aufforderung seien fast alle nachgekommen. 

Die Fingerabdrücke wurden von den Grafikern verschieden verwendet: Vom Plakat gibt es beispielsweise 10 verschiedene Versionen mit 10 verschiedenen Fingerabdrücken – „diese wurden nach rein ästhetischen Kriterien ausgewählt“, erklärt Gioia Dal Molin. In der zur Werkschau erscheinenden Publikation werden alle Fingerabdrücke abgedruckt. Im Programmflyer sei nur ein Fingerabdruck verwendet worden, "und zwar der allerschönste“, wie Dal Molin sagt. Von welcher Künstlerin beziehungsweise von welchem Künstler der stammt, wird allerdings nicht verraten. 

Auch sie sind dabei (von links und von oben nach unten): Rachel Lumsden, Judit Villiger, Florian Germann, Rhona Mühlebach, Vincent Scarth und Christoph Rütimann. Bilder: zVg

 

Mehr Werkschau im Themendossier

Weiterlesen: Artikel rund um diese und vergangene Werkschauen, finden Sie gebündelt in unserem Themendossier zur Werkschau.

 

Die Kunst und die Frage der Gerechtigkeit: Ein ausführliches Interview mit Gioia Dal Molin über Gerechtigkeit und Jury-Prozesse in der Kunst gibt es hier.

 

 

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