von Claudia Koch, 11.05.2020
Zwischen Euphorie und Zurückhaltung
Enge Räume, wenig Zeit und viele Ehrenämtler über 65: Die Öffnung nach dem Corona-Shutdown wird für viele kleinerer Museen im Thurgau die grössere Herauforderung.
Überrascht. Diese Aussage kommt als erstes unisono von allen befragten Museumsverantwortlichen. Freude ist das zweite Wort, gefolgt von Unsicherheit. Bei Museumsleiterin Yvonne Istas vom Museum Rosenegg in Kreuzlingen mischt auch Ernüchterung mit. «Natürlich ist es toll, das Museum wieder mit Leben zu füllen», sagt Istas. Doch angesichts des Grobkonzeptes des Verbandes der Museen der Schweiz VMS und des Muster-Schutzkonzepts des BAG für Betriebe gibt es für alle Museen viel zu erledigen.
«Wo erhalten wir in der kurzen Zeit die geforderten Plexiglasschutzscheiben und die Desinfektionsmittel», sagt Istas dazu. Wann das Museum seine Türen definitiv öffnen wird, hängt einerseits vom Entscheid der Betriebskommission ab, die sich nächste Woche trifft. Andererseits gibt es ein personelles Problem. Dazu sagt Istas: «Wir haben viele ehrenamtliche Mitarbeiterinnen, die über 65 Jahre alt sind. Auch wenn sie gerne kommen würden, gilt es, sie nicht zu gefährden.»
Ein weiterer Knackpunkt ist das Gebäude an sich. Im Altbau sei die Raumfolge sehr klein, die Treppe eng. Deshalb arbeitet Istas nun an einem Konzept bis zur Wiedereröffnung im Juni. Vielleicht kann das Museum vorerst einen Tag pro Woche öffnen, was der aktuellen Ausstellung «Vereint – die bunte Welt der Kreuzlinger Vereine» zu Gute käme, die bis August verlängert wird.
Ohne freiwillige Helfer keine Museumsöffnung
In den Startlöchern zur Wiedereröffnung am 11. Mai steht Ruedi Baer, Präsident des Oldtimer Club Saurer OCS im Saurermuseum in Arbon. «Nichts bewegte sich mehr in den letzten Wochen, es war wie im dicken Nebel», sagt Baer. Nur ab und zu schaute ordnungshalber jemand im Museum vorbei. Doch mit dem Entscheid des Bundesrates lichtet sich der Nebel und macht auf ein dringendes Problem aufmerksam: den Verkauf der Eintritttickets. Denn bis anhin verkaufte diese das zum Abbruch bestimmte Hotel Wunderbar. Somit muss Baer nach einer neuen Lösung suchen.
Bis eine gefunden ist, wird im Museum ein Kassenhäuschen eingerichtet. Momentan werden noch Bodenmarkierungen angebracht und Desinfektionsstationen installiert. Die Ausstellungs-Führer werden mit Schutzmasken versehen, weil die freiwilligen Helfer alle über 65 Jahre alt sind. Ohne sie wäre laut Bär eine Wiedereröffnung schlichtweg nicht möglich.
Interaktive Bildschirme als Virenschleudern
Ebenfalls in Arbon und mit viel Vorfreude bereitet sich das Schweizer Mosterei- und Brennereimuseum der Mosterei Möhl AG MoMö auf den 13. Mai vor. «Wir waren auf Juni eingestellt, nun machen wir uns schneller auf die Spur», sagt Geschäftsführer Paolo Spagnolo. Die Herausforderung lautet hier: Wie sollen die Hygienemassnahmen mit den rund 20 interaktiven Bildschirmen umgesetzt werden? Gewisse Exponate, die sonst per Hand bedient werden, werden mit Sensoren ausgestattet, die die Vorgänge technisch in Bewegung bringen. Damit falle allerdings ein grosser Teil des Erlebnisses weg, sagt Spagnolo.
Die Wiedereröffnung auf den 9. August verschoben hat das Museum am Hafen in Romanshorn. Vereinspräsident Max Brunner, selbst 77, müsste jüngere Leute suchen. Denn auch hier sind alle Mitarbeitenden in der Risikogruppe. Eingeschränkt sind deswegen auch die Aktivitäten der Sonderausstellung «Die Welt im Kino», die gemeinsam mit dem Kino Roxy konzipiert wurde.
Führungen werden oft in den Herbst verschoben
Wie bei allen anderen Museen verschiebt man gebuchte Führungen auf nach den Sommerferien. Für das Schutzkonzept des VMS ist er dankbar. «Somit müssen wir das Rad nicht neu erfinden», so Brunner. Die Sonderausstellung wird bis 9. Februar 2021 verlängert, alle entsprechenden Mitmach-Aktionen und Begleitveranstaltungen werden neu terminiert.
Die Räumlichkeiten der historischen Papiermaschine PM1 in Bischofszell werden laut Vereinspräsident Stefan Bolliger nicht so schnell geöffnet. «Platz wäre vorhanden, nur befürchte ich, dass die Leute ausbleiben», so Bolliger.
Amriswiler Schulmuseum bleibt bis 31. Mai geschlossen
Das Schulmuseum in Amriswil bleibt laut Co-Museumsleiterin Frauke Dammert bis zum 31. Mai geschlossen. Einen aussergewöhnlichen Start als Kulturbeauftragte erlebt Lucia Angela Cavegn in Diessenhofen. Kurz vor ihrem Antritt am 1. März besuchte sie noch die Finissage von Richard Tisserand an ihrem neuen Wirkungsort und nun, «Dornröschenschlaf», wie Cavegn es nennt. Zwar nutze sie die Zeit, ihr Büro herrichten zu lassen und den oberen Eingangsbereich für gehbehinderte Besucher wiederzueröffnen, aber an eine Sommerausstellung sei nicht zu denken. Immerhin kann der Carl-Roesch-Raum ab 8. Juni wieder besichtigt werden.
Die Lage der kantonalen Museen nach dem Shutdown: Die Umsetzung der Schutzmassnahmen erweist sich je nach Museum als Knacknuss.
Von Claudia Koch
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