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von Claudia Koch, 08.05.2020

Die Lage der Museen nach dem Shutdown

Die Lage der Museen nach dem Shutdown
Montagearbeiten der Exponate in der Sonderausstellung «Thurgauer Köpfe. Tot oder lebendig» im Alten Zeughaus Frauenfeld. Dort stellt das Historische Museum Thurgau aus. | © zVg

Die sechs kantonalen Thurgauer Museen dürfen ab 11. Mai wieder öffnen, die gemeinsame Sonderausstellung «Thurgauer Köpfe» startet am 6. Juni. Doch die Umsetzung der Schutzmassnahmen erweist sich je nach Museum als Knacknuss.

Obwohl die Türen der kantonalen Museen in den vergangenen Wochen fürs Publikum geschlossen blieben, wurde emsig gearbeitet. «Und wie», sagt Gabriele Keck, Museumsdirektorin des Historischen Museums Thurgau. Etliche Termine wie Hochzeiten, Führungen oder Referate mussten abgesagt werden. Zudem steckte man fünf Wochen vor der geplanten Eröffnung der Sonderausstellung «Thurgauer Köpfe» im Zeughaus mitten in den aufwendigen Vorbereitungen, als der Bundesrat den Lockdown verkündete. Einen Stillstand gab es also intern nicht.

Personell wie auch platzmässig sieht Keck eine grosse Herausforderung: «Unsere Räume sind klein, was für die Abstandsregel schwierig ist. Wir haben interaktive Stationen, die nach Gebrauch desinfiziert werden sollten und wir bräuchten mehr Personal, welches dies alles umsetzt und kontrolliert.» Für den Normalbetrieb in der Dauerausstellung mit der üblichen Anzahl Besucher sieht Keck keine Probleme, aber Gruppenanlässe müssen warten. Trotzdem werden die Schlosstore am 12. Mai wieder geöffnet, mit der notwendigen Vorsicht und der Hoffnung, dass der Bundesrat am 27. Mai weitere Lockerungen ankündigt.

«Wir bräuchten mehr Personal, welches dies alles umsetzt und kontrolliert.»

Gabriele Keck, Direktorin Historisches Museum Thurgau

Urs Leuzinger, Kurator des Museums für Archäologie, war fleissig im Homeoffice beschäftigt. «Ich habe noch nie so viel Archäologie gemacht», sagt er lachend. Natürlich bereitet er sich auch auf die Wiedereröffnung des Hauses am 12. Mai vor, teilweise gemeinsam mit Hannes Geisser, Direktor des Naturmuseums. Es wird die geforderten Plexiglasscheiben geben, die Markierungen am Boden wie auch Desinfektionsmittel.

Für das Museum ist eine Einbahnsituation geplant: Eingang an der Promenade, Ausgang an der Freiestrasse. «Das Ziel ist, möglichst rasch wieder Menschen zu begeistern. Die Leute wissen ja mittlerweile, wie sie sich benehmen müssen», sagt Leuzinger. Er sieht in der schnelleren Öffnung der Museen eine Wertschätzung des Bundesrates gegenüber kulturellen Einrichtungen, wie eben Museen. Der Mai sei eine Testphase. «Wir müssen reagieren, nicht agieren», so Leuzinger.

Die Häuser wollen ihrem Anspruch gerecht werden

Für Grundüberlegungen aufgrund des Schutzkonzeptes machte sich Hannes Geisser mit seinen Mitarbeitenden durch das Naturmuseum auf. «Gar nicht so einfach», musste er bald feststellen. Denn das Museum lebt vom Haptischen, eine ständige Reinigung ist nicht machbar. Als kantonales Museum müsse man auch einem gewissen Anspruch gerecht werden.

Trotzdem ist Geisser überzeugt, das Museum am 12. Mai öffnen zu können, mit reduziertem Betrieb. Für die Sonderausstellung mit Startschuss am 6. Juni wären sie parat, in der Hoffnung, dass bis dahin die bestellten Schutzscheiben eintreffen. Auch der Umgang mit der Besucheranzahl könnte mit aufeinander folgenden Führungen gelöst werden. Denn so Geisser: «Ein Museum ohne Publikum ist absurd und bedrückend.»

«2020 ist ein sonderbares Jahr. Ewig schad.»

Dominik Gügel, Direktor Napoleonmuseum Thurgau

Mit beengten Platzproblemen hat auch das Napoleonmuseum so seine Sorgen. «Die Wendeltreppe ist ein Nadelöhr», sagt Museumsdirektor Dominik Gügel. Man überlegt sich dafür eine Ampellösung. Ausserdem sollen sich nicht mehr als 10 Personen, inklusive Aufsichtspersonal, im Schloss aufhalten. An normale Führungen, die gegen 25 Personen besuchen, ist seiner Ansicht nach noch eine Weile nicht zu denken. Auch könnte das Publikum fehlen, da 80 Prozent Gäste aus dem EU-Raum stammen.

Trotzdem wurde auch auf dem Arenenberg fleissig im und um das Museum herum gearbeitet. Gügel sagt dazu: «Unsere Mitarbeiterinnen konnten in der Haustechnik, im Garten oder im Weingut mithelfen. Das war für sie eine tolle Erfahrung.» Auch wenn das Museum nun langsam wieder in die Gänge kommt und der Shop auch seine Türen wieder öffnen darf, hält Gügel fest: «2020 ist ein sonderbares Jahr. Ewig schad.»

Kunstmuseum öffnet als erstes Museum am 11. Mai

Markus Landert, Direktor des Kunstmuseums und des Ittinger Museums in der Kartause Ittingen, liess auf die Anfrage nach der Wiedereröffnung verlauten: Wir sind bereit. Endlich könne am 11. Mai die für den 22. März geplante Ausstellung «Pinsel, Pixel, Pailletten – Neue Malerei» gezeigt werden. Leider formlos, wie Landert anfügt. Die Schutzmassnahmen können alle umgesetzt werden, einzig im engen Eingangsbereich wird kanalisiert. Ausserdem vertraut er auf die Selbstverantwortung der Besucherinnen und Besucher.

Da grössere Führungen im Moment nicht möglich sind, überlegt man sich, zusammen mit dem Hotel ein Angebot auf die Beine zu stellen, um Einzelführungen zu viert anzubieten. Für den Start der «Thurgauer Köpfe» sowohl im Kunst- wie auch im Ittinger Museum ist man ebenfalls parat. Und für die zweite Hälfte Sommerferien, die die Bevölkerung gemäss Landert eh in der Schweiz verbringen wird, wird eine spezielle Aktionswoche angedacht.

Ab 11. Mai wieder zu sehen: Christoph Rütimann triff Adolf Dietrich: Raumansicht im Kunstmuseum Thurgau. Bild: Stefan Rohner

 

Mehr zum Thema: In einem zweiten Teil blicken wir auf die Lage in den kleineren Museen im Kanton.

 

Reaktion des Vereins Museen im Thurgau

MUSE.TG – der Verein Museen im Thurgau – begrüsst die Wiedereröffnung der Museen. Dies erklärte der Verein in einer Medienmitteilung. «Als Dachorganisation der rund 70 Museen und Sammlungen im Kanton unterstützen wir die Institutionen durch Information und mit Empfehlungen des Verbands Schweizer Museen VMS», schreibt der Verein.

 

Bei MUSE.TG eingegangene Rückmeldungen zeigten, «dass die Museen die Wiedereröffnung gut überdacht haben. Einige arbeiten mit einem Konzept, das den Betrieb unter Sonderbedingungen – mit den geforderten Hygienemassnahmen und Abstandsregeln – gewährleistet und den Schutz von Mitarbeitenden und Publikum sicherstellen kann», so der Verein. Reduzierte Besucherzahlen, kleinere Gruppen bei Führungen oder angepasste Öffnungszeiten gehörten demnach ebenfalls zu den Vorkehrungen, die getroffen wurden.

 

 

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