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Erst der Schweizer Pavillon an der EXPO 2020, dann das neue Historische Museum Thurgau: Die Zürcher Agentur Bellprat Partner AG hat Expertise darin, Geschichten im Raum zu erzählen. | © Bellprat Partner AG

Die Zürcher Agentur Bellprat Partner berät den Kanton bei der Planung des neuen Historischen Museums. Aber wie genau geht das eigentlich - ein neues Museum planen? Iwan Funk von Bellprat Partner gibt Einblicke in seine Arbeit. (Lesedauer: ca. 4 Minuten)

Noch sechs Wochen, dann soll sie fertig sein - die grosse Machbarkeitsstudie zum geplanten Neubau einer Dependance des Historischen Museums Thurgau in Arbon. Sechs Wochen, in denen Iwan Funk mutmasslich noch einiges zu tun haben wird.

Funk sitzt in der Geschäftsleitung der Zürcher Agentur Bellprat Partner, die im vergangenen September den Auftrag vom Kanton bekommen hat, für 133’000 Franken das Konzept für das neue Museum zu erarbeiten. Gezeigt werden soll dort die neuere Geschichte des Kantons ab 1798. Der Kanton rechnet mit Gesamtkosten des Bau-Projektes von 40 bis 50 Millionen Franken.

Fragt man Iwan Funk nach der eigentlichen Aufgabe, die er und sein Team da übernommen haben, dann beschreibt er das so: „Unsere Aufgabe ist es, das vor Ort vorhandene Expertenwissen in ein Erlebnis zu übersetzen. Dazu gehört auch das richtige Format für den jeweiligen Ort zu finden.“ Was genau das für das neue Thurgauer Historische Museum bedeutet?

„Unsere Aufgabe ist es, das vor Ort vorhandene Expertenwissen in ein Erlebnis zu übersetzen.“

Iwan Funk, Managing Partner Bellprat Partner (Bild: zVg)

An dem Punkt wird es dann schwierig. Weil Iwan Funk eigentlich nicht gross ins Detail gehen mag. Die Arbeit sei schliesslich noch nicht abgeschlossen, sagt er. Dazu kommt: Mutmasslich dürfte er jetzt auch noch gar nicht öffentlich über Projektdetails reden. Die Ergebnisse der Studie werden zunächst dem Regierungsrat Ende März präsentiert und erst irgendwann danach öffentlich. Das sei so vereinbart und daran werde er sich selbstverständlich halten, erklärt Funk.

Das Gute ist: Um ein Gefühl für die Ausrichtung dieses neuen Historischen Museums für den Thurgau zu bekommen, muss man gar nicht furchtbar konkret werden. Es reicht mit Iwan Funk grundsätzlich und allgemein über seine Arbeit und sein Verständnis von Museumsgestaltung zu sprechen.

Man könnte sagen: Bellprat Partner ist vor allem erfahren darin, Räume zum Sprechen zu bringen. Für die EXPO 2020 hat die Agentur den Schweizer Pavillon gestaltet, im Bundeshaus in Bern hat sie eine Ausstellung zum Thema Kinderschutz realisiert, die Agentur hat in der Vergangenheit zahlreiche Kreativ-Awards gewonnen.

Thema Kinderschutz im Bundeshaus Bern: Auch ein Projekt, das Iwan Funk mit realisiert hat. Bild: Bellprat Partner AG

Die Agentur hat auch die Romanshorner Auto-Erlebniswelt gestaltet

Zu den Kunden zählten laut Firmenhomepage unter anderem Unternehmen wie Adidas, Mövenpick, VW und die SBB. Aber auch für Museen wie das Schweizer Landesmuseum, das Technorama Winterthur oder das Migrationsmuseum war die Agentur schon tätig. Im Thurgau war «Bellprat Partner» auch schon aktiv - unter anderem im Ittinger Museum und der Auto-Erlebniswelt Romanshorn. Wer also wissen will, wie Bellprat Partner arbeitet, der findet zahlreiches Anschauungsmaterial in der Gegend. Zumindest dann, wenn die Museen geöffnet sind.

Wie also sieht ein zeitgemässes Museum heute aus, Herr Funk? „Ein modernes Museum muss die Erwartungen der Besucher nicht nur erfüllen, sondern die Besucher auch überraschen. Es muss einen Unterschied machen, ob ich das Museum vor Ort oder im Internet besuche. Die Anstrengungen des Publikums muss ein solches Museum am Ende mit einem Erlebnis belohnen.“

So unromantisch das klingt, aber so wahr ist es wahrscheinlich: Letztlich müssen Aufwand und Ertrag für MuseumsbesucherInnen mindestens ausgeglichen sein. „Anfahrt, Mühe, Zeit, Aufmerksamkeit und allenfalls ein Eintrittspreis: Mit dieser Investition geht eine Erwartungshaltung einher, die ich als Museum unbedingt erfüllen muss“, so Funk weiter.

Spuren im Thurgau: Das Konzeot der Autobau Erlebniswelt Romanshorn wurde von der Zürcher Agentur entwickelt. Bild: Archiv

Mit Metaphern Räume zum Leben erwecken

Zentral für ihn hierbei: Die Schaffung eines Erlebnisses für die BesucherInnen. Das gelinge am ehesten dann, wenn man alle fünf Sinne anspreche. „Wir suchen zum Beispiel oft nach Metaphern, die ein Thema transportieren können. Ein grosses Bild, das als Türöffner für BesucherInnen in diese Themenwelt dient“, erklärt Iwan Funk, der selbst als Experte für dreidimensionale Kommunikation gilt. Was ungefähr so viel bedeutet wie, dass er ziemlich gut darin ist, Räume lebendig werden zu lassen und sie mit Geschichten aufzuladen.

Überhaupt: Geschichten zu erzählen sei wichtig bei der Kreation eines neuen Museums, findet Funk: „Genau zu überlegen, welche Geschichte man erzählt und wie man diese Geschichte erzählt.“ Ausstellungen funktionieren für ihn da ganz ähnlich wie Filme: „Hier wie dort braucht man eine packende Dramaturgie, einen Spannungsbogen, einen Protagonisten und wenn möglich ein Happyend.“

„Eine packende Dramaturgie, einen Spannungsbogen, einen Protagonisten und wenn möglich ein Happyend.“

Iwan Funk, auf die Frage, was eine gute Ausstellung heute braucht

Der Weg dahin ist lang und meistens nicht besonders gerade. Viele verschiedene Experten arbeiten oft gemeinsam an einem Projekt bei Bellprat Partner: „Designer, Historiker, Lichtplaner, Tonexperten, Landschaftsarchitekten, Filmemacher: Unsere Erfahrung ist, dass diese interdisziplinären Teams sehr gut funktionieren und ein Projekt stärker machen“, sagt Funk.

Von den ersten Ideen bis zu dem fertigen Konzept, das sei vor allem ein Filterprozess: „Am Anfang sammeln wir zunächst einen Blumenstrauss an Ideen bei dem alle im Team mitdenken. Dazu erstellen wir Visualisierungen. Gerne auch Handskizzen. Die sind spielerisch, noch nicht so konkret. Sie geben eine gute Diskussionsgrundlage und man findet so zusammen mit dem AuftraggeberIn schnell konkrete Ansätze. Dann kommt der vielleicht schwierigste Part - der Filterprozess: Man muss die Ideen filtern, bis man findet, was exakt auf das jeweilige Projekt passt. Unsere Projekte sind eigentlich immer Prototypen. Aber man muss Ideen immer wieder überprüfen, sich auch entlieben von Ideen, damit es am Ende für den Kunden passt.“

Museale Erfahrung: Die Dauerausstellung im Schloss Lenzburg hat Bellprat Partner neu inszeniert. Bild: Bellprat Partner AG

Eröffnung des neuen Museums 2025?

Was all diese Theorie in der Praxis für das Museum in Arbon bedeutet, werden die nächsten Wochen zeigen. Ende März stellt Bellprat Partner seine Ergebnisse dem Regierungsrat vor. Wie es danach weitergeht, ist noch offen.

Bis zur Eröffnung des Museums wird es ohnehin noch einige Jahre dauern. Allfällige Entscheidungen des Regierungsrats müssten im Kantonsparlament und vor dem Volk bestehen. „Wenn alles gut läuft, halte ich eine Eröffnung des neuen Museums in fünf Jahren für möglich“, sagte Regierungsrätin Monika Knill im vergangenen November.

 

Zwei mögliche Standorte & die Kosten

Finanzierung: Der Bau dürfte zwischen 40 bis 50 Millionen Franken kosten, schätzte Regierungsrätin Monika Knill im vergangenen November an einer Podiumsdiskussion in Arbon. Woher das Geld kommen soll, ist noch offen: Der Kanton muss noch klären, ob er, wie zunächst angedacht, auf Millionen aus den Verkaufserlösen der Anteilsscheine der Thurgauer Kantonalbank zurückgreifen kann oder ob es eine andere Finanzierung braucht.

 

Zwei mögliche Gebäude stehen in Arbon noch zur Wahl - die Webmaschinenhalle (siehe Bild) und das Zentralmagazin. Beide liegen auf dem Saurer-Areal Werk Zwei. Eigentümer beider Gebäude ist das Unternehmen HRS. Gespräche über einen möglichen Kauf der Immobile durch den Kanton sollen geführt werden. Neben dem Ausstellungsraum für das Historische Museum könnte hier wie dort auch ein weiterer Sonder-Ausstellungsraum für alle kantonalen Museen entstehen. Schon 2016 hat die HRS ein Konzeptpapier (liegt thurgaukultur.ch vor) für die Webmaschinenhalle erstellt und eine mögliche museale Nutzung der Halle geprüft. Darin heisst es unter anderem, die Halle eigne sich „in idealer Weise für die Nutzung als historisches Museum des Kantons Thurgau“.

 

 

Entscheidungshilfe: Als Grundlage für die Evaluation dieser Gebäude (Zentralmagazin oder Webmaschinenhalle) «sowie den Projektwettbewerb für das neue Historische Museum in Arbon soll ein Museumskonzept zu den Fragestellungen Inhalt, Betrieb und Finanzen, Kooperationspartner und touristische Synergienutzung erarbeitet werden», hiess es in einer Medienmitteilung des Regierungsrats im vergangenen Jahr. Genau dieses Konzept erarbeitet die Zürcher Agentur Bellprat Partner derzeit.

 

 


 

 

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