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von Julia Christiane Hanauer, 15.08.2019

Sprich mit mir

Sprich mit mir
Soll K.I. für dich entscheiden?“ - drei Bereiche werden vorgestellt, in denen K.I. nicht so funktioniert, wie von ihr erwartet. Wer ist Schuld? Der Besucher kann mit dem Richterhammer entscheiden. | © Julia Christiane Hanauer

Vom Menschen erschaffen, werden sie schlauer und schlauer bis sie sich letztendlich gegen ihre Schöpfer richtet – und damit den Kampf der Menschheit ums Überleben hervorruft: künstliche Intelligenzen (K.I.). So zumindest zeichnen Science-Fiction-Filme gerne das Szenario. Wie nah sind diese Darstellungen von K.I. an der Realität tatsächlich? Was macht KI? Wie wirkt sie sich auf unseren Alltag aus? Diesen und vielen anderen Fragen geht die Ausstellung „link – zur künstlichen intelligenz“ nach, die noch bis 8. September im Konstanzer Turm zur Katz zu sehen ist.

„Ich fürchte, dass die künstliche Intelligenz den Menschen insgesamt ersetzen könnte“, diesen Satz sagte kein geringerer als der Physiker Stephen Hawking. Und damit willkommen im Desktop, dem ersten Ausstellungsraum. Hier taucht man ein in eine Welt voll künstlicher Intelligenz (KI) – unserer Welt, die schon heute in zahlreichen Bereichen von KI durchdrungen wird. Ob beim Blick aufs Handy, auf die Smartwatch – tagtäglich nutzen sie viele Menschen. Ob in Medizin, Industrie, Politik oder anderen Bereichen: Längst ist sie Teil unseres Alltags geworden. Auf mehreren hintereinander angeordneten Stoffbahnen flackern im Desktop Bilder auf – Dokumentationen über KI, Ausschnitte aus Science Fiction-Filmen, Zitate von Wissenschaftlern und vielem mehr. Mannigfaltig wiederholt durch an den Seiten angebrachte Spiegel.

Willkommen im Desktop. Hier zeigt sich, in wie vielen Bereichen unseres heutigen Lebens K.I. heute bereits Einzug hält in unserem Alltag. Bild: Julia Christiane Hanauer

Maschine entwickelt sich selbst weiter

Konzipiert ist die Ausstellung nach der Ästhetik von Computer- und Netzwerkarchitekturen: Der Desktop im Erdgeschoss ist die Schnittstelle – der Link – zwischen dem Menschen, der etwas eingibt und der Maschine, die diese Befehle umsetzt und wiederum Ergebnisse liefert, die der Mensch versteht. Es ist faszinierend und unheimlich zugleich: Eine Maschine entwickelt neuronale Netze und lernt selbstständig. Aus Befehlen, die der Mensch eingibt, kann sie Rückschlüsse ziehen, speichert diese ab – und entwickelt sich somit stetig weiter.

Die Platine „trägt die elektronischen Komponenten eines Rechners, hier werden alle Informationen verarbeitet und gespeichert. Sie ist das Gehirn künstlicher Intelligenz“ erfährt der Besucher. Der Server „ist ein Netzwerkrechner, der Ressourcen für andere Computer und Programme zur Verfügung stellt“. Und schliesslich die Cloud, die für die Weiterentwicklung von KI eine besondere Rolle spielt, denn es müssen „Grosse Datenmengen verarbeitet und gespeichert werden. Ab einer gewissen Datenmasse können nur Clouds entsprechende Ressourcen bilden“.

„Sie sind kein Wunderwerk der Gegenwart. Die frühe K.I.-Forschung beschäftigte sich von Anfang an mit der Idee lernender Maschinen.“

Zitat aus der Ausstellung

Ein Gehirn speichert Erinnerungen – in der Platine geht es daher um die Historie von Künstlicher Intelligenz. Da wir heutzutage umgeben sind von ihr und KI auch in aller Munde ist, kann der vermeintliche Irrtum entstehen, künstliche Intelligenz sei eine Erfindung unserer Zeit. Dabei liegen die Ursprünge der Konstellation Mensch-Maschine viel weiter zurück – bereits Homer beschreibt dies in seiner Ilias. René Descartes beschäftigt sich im 17. Jahrhundert philosophisch mit dem Thema, Gottfried Wilhelm von Leibniz entwirft im gleichen Zeitraum bereits eine Rechenmaschine. Einen Meilenstein legte Anfang des vergangenen Jahrhunderts der britische Mathematiker Alan Turing. Er arbeitete während des Zweiten Weltkriegs in dem Team, das die mit der Maschine Enigma verschlüsselten Funksprüche der Deutschen entschlüsselte. Von ihm stammt auch der Turing-Test, bei dem ein Richter herausfinden soll, ob er via Teleprinter mit einer Maschine oder einem Menschen kommuniziert.

In der Platine wird auch die Frage nach Intelligenz aufgeworfen. Was ist Intelligenz? Wer hat Intelligenz? Mensch oder auch Maschine? Wie messen wir sie? Natürlich darf an dieser Stelle auch der Intelligenztest nicht fehlen, den hier der Besucher machen kann.

Türen auf im Server. Hier geht es den Einfluss von K.I. auf unsere Lebens- und Arbeitswelt, um Ethik und Moral, um Originale und von K.I. produzierte Inhalte. Bild: Julia Christiane Hanauer

Wie verändert K.I. unsere Welt?

Während die ersten beiden Stockwerke Hintergründe liefern und die historischen und theoretischen Seiten beleuchtet, ist der Besucher ab dem dritten Stockwerk zum Mitmachen eingeladen. Das zeigt sich auch an den Farben. Desktop und Platine sind sehr dunkel gehalten, im Server wird es hell. Ein riesiger Serverraum erstreckt sich vor dem Besucher, zahlreiche Türen führen ins Innere. Jedes Separee widmet sich einem anderen Thema: Künstliche Intelligenz in der Medizin, in der Rechtsprechung, in der Kunst. K.I. schreibt Gedichte, komponiert Musik, malt Bilder. 

Was ist von Menschenhand verfasst, was hat die K.I. produziert? Der Besucher kann raten – ob die Lösung nachher wohl Überraschungen birgt? Er trifft aber auch Urteile im Bereich Ethik und Moral, er stellt sich in einem Quiz zum Gesundheitssystem Multiple Choice-Fragen – und lernt dabei jede Menge – über Chancen und Fortschritte durch K.I., er erkennt aber auch, wie schwierig manches ist, beispielsweise wenn beim autonomen Fahren das Bremssystem versagt. Wer hat Schuld? Ein weiteres Thema ist die heutige Arbeitswelt. Wie verändern sie sich durch den Einfluss von K.I.? Gibt es in einigen Jahren noch Landwirte, Journalisten, Handwerker?

K.I. kann auch Kunst. Und Musik. Und Lyrik. Und ist vom von Menschenhand geschaffenen Werk nicht auf den ersten Blick zu unterscheiden. Bild: Julia Christiane Hanauer

Ein Dialog mit Aski, dem Chatbot

Hell und voller Licht wird es schliesslich in der Cloud. Hier wartet „Aski“ auf den Besucher, ein Chatbot. „Wie hat dir die Ausstellung gefallen?“, fragt Aski auf einem Bildschirm und es ist erstaunlich, wie hier per Tastatur und Monitor ein Dialog zwischen Mensch und Maschine entsteht. Zugleich werden hier aber auch schnell Grenzen klar, denn vieles versteht Aski nicht. „Mit mir kann man sich noch nicht so gut unterhalten, eigentlich ist meine Software auch nur für den Kundenservice gedacht, aber meine Entwickler wollten ein Experiment mit mir wagen“ erklärt Aski. Ob Stephen Hawkings Aussage „Ich fürchte, dass die künstliche Intelligenz den Menschen insgesamt ersetzen könnte“ also wirklich zutrifft oder eines Tages zutreffen könnte, das kann jeder Besucher nach der Ausstellung für sich selbst entscheiden.

Fest steht: Nach der herausragenden Ausstellung „Rebuild Palmyra“ haben Studierende, Dozenten und Professoren der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (Bereich Architektur und Kommunikationsdesign) sowie der Universität Konstanz (Fachbereich Informatik und Informationswissenschaften sowie Geschichte) mit „link – zur künstlichen intelligenz“ ein Experiment gewagt, das ihnen wieder einmal gelungen ist. Dieses Mal haben sie zudem noch den Studiengang Musikdesign der staatlichen Hochschule für Musik Trossingen in Kooperation mit der Hochschule Furtwangen University mit ins Boot geholt.

„Hallo, ich bin Aski.“ Ein Dialog zwischen Besucherin und Chatbot. Bild: Julia Christiane Hanauer

Experiment gelungen

In dieser Ausstellung zeigt sich, was durch interdisziplinäre und hochschulübergreifende Kooperation entstehen kann. Die Ausstellung bereitet das hochkomplexe Thema K.I. verständlich auf. Durch die Multimedialität und den Anstoss, sich selbst einzubringen, entsteht für den Besucher ein Raum, der ihn informiert, herausfordert und zum Nachdenken animiert – und das auch über den Besuch in der Ausstellung hinaus. Denn K.I. begleitet uns – und ist zum Teil schon so in unserem Alltag verankert, dass wir sie gar nicht mehr bemerken.

Und noch etwas: Ihre erste Auszeichnung hat die Ausstellung schon erhalten. „Als eines der Preisträgerprojekte des Hochschulwettbewerbs wurde die Ausstellung bereits jetzt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgezeichnet“, heisst es in einer Pressemitteilung.

Die Öffnungszeiten: Die Ausstellung ist noch bis 8. September im Konstanzer Turm zur Katz (Wessenbergstrasse 43) zu sehen. Geöffnet Di - Fr 10 bis 18 Uhr; Sa & So 10 bis 17 Uhr. Eintrittspreis: 3 Euro. Die Ausstellung im Internet: http://link-ki.de 

Wer aufmerksam durch Konstanz läuft, der stösst bereits auf erste Hinweise zur Ausstellung. Denn „Puff war gestern“ - „Und was hat das mit künstlicher intelligenz zu tun?“ Wer‘s herausfinden will, der sollte unbedingt in den Turm zur Katz. Bild: Julia Christiane Hanauer
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